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Unsere Forschung


Dissertationsprojekt Isabell Koch M.A.

Thema: "Die deutschen Kriegsgefangenen in französischem Gewahrsam 1914-1920"

Betreuer: Univ.-Prof. Dr. Guido Thiemeyer

Beschreibung: Kriegsgefangenschaft im Ersten Weltkrieg war lange Zeit ein international vernachlässigtes Thema, bis zum heutigen Tag gibt es kaum Forschung zum Schicksal der deutschen Kriegsgefangenen in Frankreich. Die Intention der Dissertation ist es, diese Forschungslücke zu schließen und die Situation der deutschen Kriegsgefangenen in französischem Gewahrsam (Frankreich und Nordafrika) von Kriegsbeginn bis zur Freilassung der letzten Soldaten zu untersuchen. Der Schwerpunkt wird dabei auf die folgenden Themen gelegt: Zunächst soll der Aufbau des französischen Lagersystems nachgezeichnet werden, seine Organisation und Struktur. Weiteres Untersuchungsfeld ist die Behandlung der Gefangenen, zudem soll ihre Rolle als politisches Instrument/ihre diplomatische Bedeutung herausgestellt werden. Darüber hinaus werden anhand kultureller, psychologischer und sozialer Aspekte das Leben und der Alltag im Lager thematisiert. Schließlich wird besonderes Augenmerk auf den Zeitraum nach dem Waffenstillstand gelegt, auf die relativ späte Repatriierung der deutschen Soldaten und damit verbundene Schwierigkeiten.


Dissertationsprojekt Jutta Hemmerling M.A.

Thema: "Schulpolitische  Debatten in den 1960er/1970er Jahren und die Erweiterung des Schulwesens in Nordrhein-Westfalen"

Betreuer: Univ.-Prof. Dr. Guido Thiemeyer

Beschreibung: Ausgelöst wurden diese Debatten durch die Vorstellung, dass das deutsche dreigliedrige Schulsystem die Schüler*Innen nicht angemessen auf das Leben in einer demokratischen Gesellschaft und in einem modernen Industriestaat vorbereiten könnte. Es folgten Schulreformen vornehmlich mit dem Ziel, Jugendlichen aus allen sozialen Schichten die Möglichkeit zu bieten, qualifizierte Schulabschlüsse zu erwerben. Folgende Fragen sollen in diesem Zusammenhang untersucht werden: Wann beginnen die Debatten?  Welche Akteure führen sie und mit welchen Argumenten werden Schulreformen gefordert? Welches sind die Wendepunkte, die das traditionelle Schulsystem grundlegend verändern? Welche Gründe hat das dramatische Absinken der Schülerzahlen für die Hauptschule?  Folgende These wird versucht zu belegen: Die Schulformen der Sekundarstufe I/II haben sich weitgehend einander angenähert, so dass künftig flächendeckend ein zweigliedriges Sekundarschulwesen entstehen könnte. 


Dissertationsprojekt Lukas W. Petzolt M.A.

Thema"Europäisierung von kommunaler Politik und Verwaltung am unteren Niederrhein"

Betreuer: Univ.-Prof. Dr. Guido Thiemeyer

Beschreibung: Der zunehmende Einfluss der Europäischen Union und ihrer Vorgängerinstitutionen und die dadurch verbundenen Folgen wie beispielsweise das Zusammenwachsen der Wirtschaftsräume oder der Wegfall harter Grenzen machten auch nicht vor den Städten und Gemeinden Nordrhein-Westfalens halt. Im Gegenteil: In einem Europa der Regionen nehmen sie sogar eine besondere Rolle ein. Die historische Entwicklung dieser Rolle soll am Beispiel des unteren Niederrheins analysiert werden. Dieses Dissertationsprojekt betritt einen bisher rudimentär erforschten Bereich. Das Untersuchungsgebiet umfasst das Gebiet der Kreise Kleve und Wesel, des nördlichen Kreises Viersen sowie der kreisfreien Stadt Krefeld. Als Quellen dienen daher zu großen Teilen die Archive der Städte und Gemeinden, sowie der Landkreise, des Landschaftsverbandes Rheinland (LVR) und des Landes NRW.


Dissertationsprojekt Julia Uhlig M.A.

Thema: "Die Genese des europäischen Mehrebenensystems: Die deutschen Länder und die Europäische Integration (1950-1992) – Bildungspolitik als Kernkompetenz der Bundesländer im Spannungsfeld der Multi-Level-Governance" (AT)

Betreuer: Univ.-Prof. Dr. Guido Thiemeyer

Beschreibung: Im Laufe des Promotionsvorhabens werden die Auswirkungen des sich entwickelnden europäischen Mehrebenensystems auf die Bildungspolitik der deutschen Bundesländer untersucht. Die Bildungspolitik ist als Kernkompetenz der deutschen Länder ein wichtiges Merkmal der Eigenstaatlichkeit und Hoheitsgewalt. Obwohl weder EGKS noch EWG zuständig für die Bildungspolitik der Mitgliedstaaten waren, so entwickelte sich dieser Politikbereich in den späten 1960er und den 1970er Jahren zu einem europäischen. Diese Entwicklung wirft einige Fragen auf, die das Promotionsvorhaben untersucht: Welche Akteur*innen waren auf Landes-, Bundes- und europäischer Ebene in diesen Prozess eingebunden und wie gestalteten sie diesen oder reagierten auf ihn? Spiegelt sich dieser Prozess auf institutioneller Ebene wider? Veränderte sich die Haltung der einzelnen Akteur*innen im Laufe der Zeit? Wer war außerhalb der politischen Ebenen involviert und welche Positionen wurden eingenommen? Der Betrachtungszeitraum wurde auf die Jahre zwischen 1950 und 1992 festgelegt, da er die Zeit zwischen Gründung der EGKS und dem Übergang der EG in einen neuen vertraglichen Rahmen 1993 abbildet.


Dissertationsprojekt Marc Baumgarten M.A.

Thema: „Die Genese des europäischen Mehrebenensystems: Die deutschen Länder und die Europäische Integration (1950-1992) – Am Beispiel der Kohle- und Stahlpolitik“ (AT)

Betreuer: Univ.-Prof. Dr. Guido Thiemeyer

Beschreibung: Das Promotionsprojekt untersucht die Rolle der deutschen Bundesländer im europäischen Mehrebenensystem mit dem Fokus auf die Kohle- und Stahlpolitik. In diesem Politikbereich wurde mit der Gründung der „Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl“ (EGKS, auch als „Montanunion“ bezeichnet) im Jahr 1952 die erste supranationale Organisation auf europäischer Ebene geschaffen. Die Montanindustrie war in den 1950er und 1960er Jahren der „Kraftmotor“ der (west)europäischen Wirtschaft. Im Zuge wirtschaftlicher Strukturkrisen setzte der Bedeutungsverlust des Montansektors vor allem ab den 1970er Jahren ein. Von der sektoralen Integration und dem damit verbunden Souveränitätstransfer war vor allem Nordrhein-Westfalen betroffen, aufgrund des Ruhrgebietes als montanindustrielles Zentrum Westdeutschlands. Auch anderer Bundesländer (u.a. Bayern) sahen durch den Souveränitätstransfer einen Eingriff in das föderale System der Bundesrepublik, da eine direkte Möglichkeit der Vertretung von Länderinteressen auf europäischer Ebene gesetzlich nicht vorgesehen war. An zentraler Stelle soll daher die Frage behandelt werden, wie die Bundesländer (hier Nordrhein-Westfalen, Bayern und Hamburg) auf die Entwicklungen im Untersuchungszeitraum, institutionell und personell, reagierten. Auch wird die Rolle von Interessensvertretungen, u.a. als Bindeglied zwischen den Ländern und der EGKS, betrachtet. Der Untersuchungszeitraum umfasst vor allem die Entwicklungen zwischen 1950 (Beginn der Verhandlungen zur Gründung der EGKS) und 1992 (Vertrag von Maastricht und Verankerung der Länderbeteiligung im Grundgesetz, Art. 23). Die wichtigsten Schritte für eine vertiefende Europäische Integration erfolgten in diesem Zeitraum.


Dissertationsprojekt Felix Diekmann M.A.

Thema: "Auf dem Weg zur Europäischen Union. Die Europapolitik von Hans-Dietrich Genscher in den Jahren 1981 bis 1992"

Betreuer: Univ.-Prof. Dr. Guido Thiemeyer

Beschreibung: Seit den 1980er Jahren wurden die verschiedenen Stränge der Europäischen Gemeinschaft unter der Führung der Mitgliedsstaaten zur Europäischen Union vereint, woran Deutschland einen beträchtlichen Anteil hatte. Nachdem bisher Helmut Kohl im Schwerpunkt der Forschung stand, setzt sich dieses Projekt mit der Rolle von Hans-Dietrich Genscher auseinander. Dessen Europapolitik wird anhand von Archivrecherchen unter Berücksichtigung seiner Verwurzelung im deutschen Liberalismus und seiner Sozialisierung in bereits etablierten europäischen Strukturen analysiert. Inhaltlich stehen dabei vier Themenblöcke im Fokus: Erstens die Genscher-Colombo-Initiative, zweitens die Vollendung des Binnenmarktes um die Einheitliche Europäische Akte, drittens die Diskussionen um die gemeinsame Währung und viertens die Gründung der EU im Maastrichter Vertrag.


Dissertationsprojekt Sebastian Ley M.A.

Thema: "Währungen und deutscher Nationalstaat. Ein Vergleich der Währungsreformen von 1871 bis 1999/2001" (Arbeitstitel)

Betreuer: Univ.-Prof. Dr. Guido Thiemeyer

Beschreibung: Von 1871, dem Gründungsjahr des Deutschen Reiches und gleichzeitig dem Jahr der Einführung der Mark als einheitliche deutsche Währung, bis zur Einführung des Euros in den Jahren 1999/2001 wurden in Deutschland mehrere Währungsreformen durchgeführt. Immer standen die Währungsreformen in Zusammenhang mit tiefen Krisen oder anderen bedeutenden Ereignissen der deutschen Geschichte, die einen starken Einfluss auf die Entwicklung des deutschen Nationalstaates hatten. Bisher liegt allerdings noch keine systematische Untersuchung zum Zusammenhang der deutschen Währungsreformen auf die Entstehungs- und Entwicklungsgeschichte des deutschen Nationalstaates vor. Tatsächlich gibt es auch nur wenige entsprechende Untersuchungen dieses Zusammenhangs für andere Staaten. Mit der vorliegenden Arbeit zur Währungs- und Wirtschaftsgeschichte Deutschlands soll diese Forschungslücke ein Stück weiter geschlossen werden. Betrachtet werden 130 Jahre deutsche Währungsgeschichte, konkret sind die Währungsreformen von 1871, 1923, 1948, 1990 und 1999/2001 Gegenstand der Untersuchung. Auf der Grundlage des Konzeptes der Akteur-Netzwerk-Theorie (ANT) werden Handlungen, Motive und Überlegungen wesentlicher Akteure und ihr jeweiliges Zusammenwirken untersucht. Die Forschungsfragen lauten: Welche Rolle spielten die Währungsreformen des 20. Jahrhunderts in den Jahren 1871, 1923, 1948 und 1990 und 1999/2001 für „State und Nation Building“ in Deutschland? Wie wichtig waren Überlegungen und Motive zur Entstehung und Weiterentwicklung des deutschen Nationalstaates bei den handelnden Akteuren der jeweiligen Währungsreform? Welche personellen sowie inhaltlichen Verbindungen und Überschneidungen lassen sich zwischen den Akteur-Netzwerken „Währungsreform“ und „deutscher Nationalstaat“ für die fünf Fallbeispiele feststellen?


Dissertationsprojekt Lennart Schmidt M.A.

Thema: Völkerrecht im Fluss. Die Genese der Supranationalität in Flussschifffahrtskommissionen 1804-1831

Betreuer: Univ.-Prof. Dr. Guido Thiemeyer

Beschreibung: Der Grundtenor der geschichtswissenschaftlichen und der völkerrechtlichen Forschung verortet die Supranationalität – also den Transfer staatlicher Hoheitsrechte auf eine internationale Organisation – als ein konstitutives Merkmal der europäischen Integration nach 1945. Die Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl wird in diesem Narrativ als die erste supranationale Organisation überhaupt angesehen. Ziel des Dissertationsprojektes ist es darzulegen, dass das völkerrechtliche Prinzip der Supranationalität – auch wenn es damals nicht so genannt wurde – in den Debatten um die Regulierung der grenzüberschreitenden Flussschifffahrt im frühen 19. Jahrhundert entstand und in den durch den Wiener Kongress gegründeten Flussschifffahrtskommissionen für den Rhein, die Elbe und die Weser diskutiert und in unterschiedlicher Form zur Anwendung kam. Einerseits sollen die spezifischen Merkmale der grenzüberschreitenden Flussschifffahrt als Katalysator politisch-rechtlicher und sozioökonomischer Prozesse untersucht werden, um zu verstehen, warum Flüsse im frühen 19. Jahrhundert zu Inkubationsräumen des Völkerrechts transformierten und das Prinzip der Supranationalität an ihnen entstand. Andererseits sollen die zeitgenössischen Debatten über die Einschränkung staatlicher Souveränität und den Transfer staatlicher Hoheitsrechte auf eine internationale Organisation beleuchtet werden: Wie nahmen die Zeitgenossen das neue Mittel internationaler Politik wahr? Welche Motive verfolgten Befürworter und Gegner eines Transfers staatlicher Hoheitsrechte auf eine Flussschifffahrtskommission? Welche Formen supranationaler Integration wurden diskutiert? Wie wirkte sich die Bereitschaft staatliche Souveränität einzuschränken auf die Prozesse der Nationalstaatsbildung in Europa aus? Es sollen die verschiedenen Ebenen staatlicher und zwischenstaatlicher Entscheidungsprozesse nachvollzogen werden, um die Genese der Supranationalität als ein innovatives Mittel internationaler Politik des frühen 19. Jahrhunderts besser verstehen zu können.

Dissertationsprojekt von Philipp Lührs M.A.

Thema: Die Entstehung eines einheitlichen Patentrechtes in Wirtschaftsräumen. Das Deutsche Kaiserreich und die EG im Vergleich

Betreuer: Univ.-Prof. Dr. Guido Thiemeyer

Beschreibung: Philipp Lührs promoviert über die Entstehung des Reichspatentgesetzes von 1877 und des europäischen Patentübereinkommens von 1973 im Vergleich. Die Einigung des Deutschen Reiches und die Einigung der EU bzw. EWG brachte die Rechtsvereinheitlichung zwischen vielen einzelnen Staaten mit sich. Ziel der Arbeit ist es, die jeweiligen politischen Prozesse und insbesondere die jeweiligen Kanäle des Lobbyismus am Beispiel des Patentrechts zu untersuchen.


Dissertationsprojekt von Eva Maria Holly

Titel: Die Entstehung transnationaler medialer Öffentlichkeiten in Europa am Beispiel der Zerstörung Gernikas im Spanischen Bürgerkrieg.

Betreuer: Univ.-Prof. Dr. Guido Thiemeyer

Beschreibung: Das Dissertationsprojekt untersucht transnationale mediale Öffentlichkeiten in Europa in den 1930er Jahren. Es wird anhand der Presseberichterstattung deutscher, französischer, englischer und schweizerischer Tageszeitungen danach gefragt, ob sich am Beispiel der Zerstörung Gernikas im Spanischen Bürgerkrieg transnationale mediale Öffentlichkeiten auf europäischer Ebene ausmachen lassen und wie sich diese konstruierten. Das Projekt zielt darauf ab Strukturen transnationaler medial geschaffener Öffentlichkeiten aufzuzeigen und Wahrnehmungsmuster herauszuarbeiten.


Dissertationsprojekt Jonas Springer M.A.

Titel: "Die Bundeswehr und die Belgischen Streitkräfte in Deutschland. Akteure, Herausforderungen und Verflechtungsprozesse militärischer Zusammenarbeit bis 1990"

Betreuer: Univ.-Prof. Dr. Guido Thiemeyer

Beschreibung: Mit der Einrichtung der britischen Besatzungszone nach dem Zweiten Weltkrieg etablierte sich ab 1946 rasch eine Unterbesatzungsbehörde, welche von den Belgischen Streitkräften (BSD) in Nordrhein-Westfalen verwaltet wurde. Mit dem Abzug der belgischen Truppen aus „Camp Vogelsang“ in der Eifel 2004 endete die knapp 60-jährige Besatzungszeit der BSD in der Bundesrepublik Deutschland.

Das Dissertationsvorhaben konzentriert seinen Blick auf die militärische Zusammenarbeit zwischen den BSD und dem Bundesministerium der Verteidigung (BMVg) sowie der deutschen Bundeswehr bis 1990. Auf der Grundlage von Quellen aus dem Bundesarchiv Freiburg, dem belgischen Standortarchiv des heutigen NS-Dokumentationszentrums Vogelsang IP und dem Archiv des belgischen Verteidigungsministeriums in Evere/Brüssel sollen die kooperierenden Akteure auf beiden Seiten herausgearbeitet werden. Neben den Themen, welche die Kooperation geprägt haben, sollen auch Konflikte und Probleme innerhalb der militärischen Zusammenarbeit analysiert werden. Geografisch konzentriert sich die Untersuchung auf die beiden belgischen Truppenübungsplätze Vogelsang (Eifel) und die Wahner Heide bei Troisdorf. Die Forschungsarbeit setzt sich als Ziel, den Forschungsstand hinsichtlich der belgischen Besatzung Nachkriegsdeutschlands zu erweitern und den sich verflechtenden Charakter der militärischen Kooperation zwischen ehemaligen Feinden des Zweiten Weltkriegs hin zu Partnern in der Zeit des Kalten Kriegs herauszustellen.


Dissertationsprojekt Sabrina Proschmann M.A.

Thema: "Infrastrukturen, infrastrukturelle Zusammenarbeit und die Kontinuität in der europäischen Integration: Der Europäische Post und Fernmeldeverein (EUROPTT)" (DFG-Projekt)

Betreuer: Univ.-Prof. Dr. Guido Thiemeyer

Beschreibung: Die historische Forschung geht bisher von der These aus, dass der Zweite Weltkrieg in der Geschichte der europäischen Integration eine Zäsur darstellt. Dies möchte das Projekt kritisch hinterfragen, indem es die Zusammenarbeit der europäischen Staaten bei der Regulierung grenzüberschreitender Infrastrukturnetze während des Zweiten Weltkriegs untersucht und in die langfristigen Entwicklungen einbettet. Die deutsch-französischen Beziehungen spielten in diesem Kontext eine Schlüsselrolle, weil sich das Wechselspiel von Kooperation, Kollaboration und Konkurrenz zwischen beiden Staaten als ein entscheidender Motor der einzelnen Integrationsschritte erwies. Besonderes Augenmerk wird auf den Europäischen Post und Fernmeldeverein gelegt. Diese 1942 auf eine deutsch-italienische Initiative hin gegründete internationale Organisation mit breiter europäischer Mitgliederbasis arbeitete nicht nur zwei Jahre recht stabil, sondern wies vielfältige Kontinuitäten zu Entwicklungen vor 1939 und nach 1945 auf.

Die drei beteiligten Universitäten – Düsseldorf, Siegen und Paris-Sorbonne – arbeiten an drei interdependenten Arbeitsbereiche: (1) der Europäische Post und Fernmeldeverein im Krieg, (2) die Kontinuitäten, Diskontinuitäten und Zäsuren im Bereich Post und Fernmeldewesen und (3) der Vergleich mit anderen Infrastruktursektoren. Dadurch vermag das deutsch-französische Projekt zu einer partiellen Neubewertung des europäischen Integrationsprozesses und der deutsch-französischen Beziehungen beizutragen.


Dissertationsprojekt Jonas Becker M.A.

Thema: "Die Genese des europäischen Mehrebenensystems: Die deutschen Länder und die Europäische Integration (1950-1992) – Ein Blick auf die Agrarpolitik der Bundesländer" (AT)

Betreuer: Univ.-Prof. Dr. Guido Thiemeyer

Beschreibung: In dem Promotionsprojekt wird die Rolle der Bundesländer innerhalb des Prozesses der Europäischen Integration untersucht, speziell mit Blick auf die jeweilige Agrarpolitik. Die grundsätzliche Frage soll dabei sein, wie die Länder auf diese Entwicklungen - institutionell oder auch personell - reagierten. Anhand von drei Ländern (NRW, Bayern und Hamburg) sollen diese Reaktionen auf den Souveränitätstransfer zu den Europäischen Institutionen untersucht werden. Dabei gilt es verschiedene zeitliche Phasen der Reaktion zu unterscheiden. Auch die Rolle von Interessenvertretern soll mit in den Blick genommen werden (hier: Der Deutsche Bauernverband). Der Betrachtungszeitraum des Projekts erstreckt sich dabei von circa 1960 bis 1992. So endet die Studie just mit der Änderung des Art. 23 GG, der die Beteiligung der Länder an Fragen der Europäischen Integration neu regelte und so postwendend einige selbstständige Schritte der Bundesländer zur Einflussnahme legitimierte. Der Zeitraum umfasst damit aber auch alle anderen wichtigen Schritte zu einer vertieften Europäischen Integration, wie den grundlegenden EWG-Vertrag (1957), die Einheitliche Europäische Akte (1986) oder den Vertrag von Maastricht (1992).

Habilitationsprojekt von Dr. Paul Lukas Hähnel

Thema: Parlamentarier für Europa – Die Vernetzung des Bundestags mit europäischen interparlamentarischen Körperschaften.

Beschreibung: Das Forschungsprojekt zielt darauf ab, die Verflechtung des Bundestags mit europäischen interparlamentarischen Körperschaften durch Doppelmandate in der Konstituierungsphase (1950-1969/70) der Bundesrepublik Deutschland zu untersuchen. Dafür werden die Beratende Versammlung des Europarats, die Gemeinsame Versammlung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl sowie die Parlamentarische Versammlung der Westeuropäischen Union in den Blick genommen. Der Fokus liegt auf einzelnen Parlamentariern, die parallel Mitglieder in korrespondierenden Fraktionen und Fachausschüssen auf beiden Ebenen waren. Eine Analyse ihrer Politik soll einerseits Informationen über die Institutionalisierung interparlamentarischer Zusammenarbeit in der frühen Bundesrepublik liefern. Andererseits soll die Bedeutung dieser Personen für die Entwicklung des Bundestags und der parlamentarischen Praxis in der Bundesrepublik Deutschland herausgestellt werden. In diesem Kontext steht der Einfluss der Doppelmandatsträger auf den außenpolitischen Diskurs in ihren Fraktionen im Zentrum.

Habilitationsprojekt von Ass.-Prof. Dr. Christoph Brüll

Thema: Franz Thedieck (1900-1995). Deutsche Fragen in West und Ost

Beschreibung: Franz Thediecks Laufbahn als politischer Beamter in drei Regimen (von der Abwehrstelle des Preußischen Innenministeriums in Köln über das dortige Regierungspräsidium bis zum Bundesministerium für Gesamtdeutsche Fragen in Bonn) bildet den Stoff für die Kontinuitätenbiografie eines Mannes aus der zweiten Reihe. Immer ging es dabei um deutsche Fragen zwischen „Staat“ und „Volk“: der rheinische Separatismus der 1920er Jahre, die Betreuung und finanzielle Steuerung politischer, kultureller und ökonomischer Aktivitäten an der deutschen Westgrenze in den 1930ern, die „Volkstumspolitik“ im besetzten Belgien machten den überzeugten rheinischen „Preußen“ zum „Westmann“; ab 1949 erfolgte die vor dem Hintergrund seiner Überzeugungen und Erfahrungen gar nicht so überraschende Umorientierung in Richtung der innerdeutschen Grenze. Die biografische Studie legt den Schwerpunkt auf die deutschen Fragen, mit denen sich Thedieck beschäftigte, kann aber nicht ohne die Darstellung ihrer rheinischen und deutsch-belgischen Dimension auskommen. Darüber hinaus rückt auch der westdeutsche politische Katholizismus immer wieder in den Blickpunkt. Die Vergangenheitspolitik der ehemaligen Mitglieder der deutschen Militärverwaltung in Brüssel bildet schließlich den Hintergrund für die juristische, politische und historische Auseinandersetzung mit dem NS-Regime und die Problematisierung der Selbstdeutungen Thediecks.

Habilitationsprojekt von Dr. Sabrina Proschmann

Thema: Grenzüberschreitende lokale Zusammenarbeit im 19. Jahrhundert – Kommunale Akteure am Rhein zwischen entstehenden Nationalstaaten und Internationalisierung (Arbeitstitel)

Beschreibung: Wie arbeiten Städte am Rhein im 19. Jahrhundert unter dem Eindruck von Internationalisierung, Europäisierung und Nationalstaatsbildung zusammen? Wie setzten sie ihre Interessen durch? Welche Akteure innerhalb der Städte waren besonders aktiv? Wie überschritt diese Kooperation auch Grenzen? Diese und weitere Fragen möchte dieses Projekt für die Bereiche Infrastrukturentwicklung, Handel und Gesundheit, im Sinne von Pandemiebekämpfung, für die Städte Rotterdam, Köln, Duisburg und Elberfeld im Zeitraum von 1832 bis 1882 untersuchen. Dabei wird die These vertreten, dass Städte und ihre Akteure nicht reaktiv in einem top-down Prozess mit den Umsetzungen von (inter)nationalen Entwicklungen beschäftigt waren, sondern eine aktive Rolle spielten – als selbstbewusste Gestalter*innen von europäischer Integration und grenzüberschreitenden Räumen. Diese Aktivität unterlag dabei einer eigenen Dynamik, die von einzelnen Personen, Organisationen aber auch vom Fluss, dem Rhein, stark geprägt war. Während Internationalismus im 19. Jahrhundert durch die Entstehung von europäischen und internationalen Organisationen – ob staatlich oder nicht-staatlich – verstanden werden kann, arbeitet dieses Projekt von dem Standpunkt aus, dass Städte trotz ihrer politisch begrenzten Macht durch Zusammenarbeit ihre Ansprüche auf Gestaltung auch im internationalen Bereich umsetzten. Dies konnten sie auch, weil sich die wachsende Internationalisierung in den Städten deutlich konkretisierte, wie z.B. im Handel, bei Infrastrukturen oder auch bei Pandemien.


 

Habilitationsprojekt von Dr. Yaman Kouli

Thema: Das nationale Fundament der europäischen Volkswirtschaften - deutsch-französische Sozial- und Patentepolitik 1870-1914.

Beschreibung: Die Geschichte der europäischen Staaten während der letzten Drittels des "langen" 19. Jahrhunderts wurde lange als Geschichte zunehmender Isolation von Nationalstaaten geschrieben. Die Geschichte schien auch überzeugend: Am Ende eines Prozesses von zunehmender Verfeindung europäischer Staaten seit den 1870er Jahren stand der Erste Weltkrieg als beinahe logische Konsequenz. Dieses Bild hat sich während der letzten zehn Jahre fundamental gewandelt. Die jüngere Forschung hat den Blick von der hohen Regierungspolitik abgewandt und stellt das hohe Verflechtungsniveau der Länder stärker in den Vordergrund. Im Buchprojekt wird am Beispiel der Sozial- und der Patentepolitik Frankreichs und Deutschlands gezeigt, dass die zunehmende Abhängigkeit von der Innovationskraft und die Diversifizierung von Handel und Produktion einen wichtigen Anreiz zur internationalen Kooperation darstellten. Dieses Zusammenhangs waren sich die Protagonisten Europas bereits im 19. Jahrhundert bewusst, und sie gestalteten die Sozial- und die Patentepolitik entsprechend aus. Nationale Gesetze und internationale Verflechtung waren mithin zwei Seiten derselben Medaille: Sie dienten beide der Stabilisierung der nationalen Gesetze in einem verflochtenen, industrialisierten Europa.

Infrastrukturen, infrastrukturelle Zusammenarbeit und die Kontinuität in der europäischen Integration: Der Europäische Post und Fernmeldeverein (EUROPTT)

Projektleitung: Guido Thiemeyer (Düsseldorf), Pascal Griset (Paris I)

Laufzeit: 2017-2020

Die historische Forschung geht bisher von der These aus, dass der Zweite Weltkrieg in der Geschichte der europäischen Integration eine Zäsur darstellt. Dies möchte das Projekt kritisch hinterfragen, indem es die Zusammenarbeit der europäischen Staaten bei der Regulierung grenzüberschreitender Infrastrukturnetze während des Zweiten Weltkriegs untersucht und in die langfristigen Entwicklungen einbettet. Die deutsch-französischen Beziehungen spielten in diesem Kontext eine Schlüsselrolle, weil sich das Wechselspiel von Kooperation, Kollaboration und Konkurrenz zwischen beiden Staaten als ein entscheidender Motor der einzelnen Integrationsschritte erwies. Besonderes Augenmerk wird auf den Europäischen Post und Fernmeldeverein gelegt. Diese 1942 auf eine deutsch-italienische Initiative hin gegründete internationale Organisation mit breiter europäischer Mitgliederbasis arbeitete nicht nur zwei Jahre recht stabil, sondern wies vielfältige Kontinuitäten zu Entwicklungen vor 1939 und nach 1945 auf.Die drei beteiligten Universitäten – Düsseldorf, Siegen und Paris-Sorbonne – arbeiten an drei interdependenten Arbeitsbereiche: (1) der Europäische Post und Fernmeldeverein im Krieg, (2) die Kontinuitäten, Diskontinuitäten und Zäsuren im Bereich Post und Fernmeldewesen und (3) der Vergleich mit anderen Infrastruktursektoren. Dadurch vermag das deutsch-französische Projekt zu einer partiellen Neubewertung des europäischen Integrationsprozesses und der deutsch-französischen Beziehungen beizutragen.

Die drei beteiligten Universitäten – Düsseldorf, Siegen und Paris-Sorbonne – arbeiten an drei interdependenten Arbeitsbereiche: (1) der Europäische Post und Fernmeldeverein im Krieg, (2) die Kontinuitäten, Diskontinuitäten und Zäsuren im Bereich Post und Fernmeldewesen und (3) der Vergleich mit anderen Infrastruktursektoren. Dadurch vermag das deutsch-französische Projekt zu einer partiellen Neubewertung des europäischen Integrationsprozesses und der deutsch-französischen Beziehungen beizutragen.

Mehr Information zu dem Projekt finden Sie unter: https://europtt.hypotheses.org/

Europa im Angesicht der Globalisierung 1870-1914

Projektleitung: Yaman Kouli (Düsseldorf)

Laufzeit: 2020-2023

Die Geschichte der europäischen Staaten während der letzten Drittels des "langen" 19. Jahrhunderts wurde lange als Geschichte zunehmender Isolation von Nationalstaaten geschrieben. Die Geschichte schien auch überzeugend: Am Ende eines Prozesses von zunehmender Verfeindung europäischer Staaten seit den 1870er Jahren stand der Erste Weltkrieg als beinahe logische Konsequenz. Dieses Bild hat sich während der letzten zehn Jahre fundamental gewandelt. Die jüngere Forschung hat den Blick von der hohen Regierungspolitik abgewandt und stellt das hohe Verflechtungsniveau der Länder stärker in den Vordergrund. Im Buchprojekt wird am Beispiel der Sozial- und der Patentepolitik Frankreichs und Deutschlands gezeigt, dass die zunehmende Abhängigkeit von der Innovationskraft und die Diversifizierung von Handel und Produktion einen wichtigen Anreiz zur internationalen Kooperation darstellten. Dieses Zusammenhangs waren sich die Protagonisten Europas bereits im 19. Jahrhundert bewusst, und sie gestalteten die Sozial- und die Patentepolitik entsprechend aus. Nationale Gesetze und internationale Verflechtung waren mithin zwei Seiten derselben Medaille: Sie dienten beide der Stabilisierung der nationalen Gesetze in einem verflochtenen, industrialisierten Europa.

Die deutschen Länder und die Genese des Europäischen Mehrebenensystems

Projektleitung: Guido Thiemeyer (Düsseldorf)

Laufzeit: 2020-2023

Das Projekt untersucht die Auswirkungen der supranationalen Europäischen Integration auf das föderale System der Bundesrepublik Deutschland und die Entstehung des Europäischen Mehrebenensystems. Beginnend mit dem Vertrag über die Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl von 1952 übertrug die Bundesregierung bis 1992 wesentliche Teile nationaler Souveränität an die Europäischen Gemeinschaften. Damit entzog sie zugleich den Ländern ihre über den Bundesrat institutionell gesicherten Mitwirkungsrechte im jeweiligen Politikfeld. Die Länder reagierten hierauf, indem sie informelle Strukturen der Mitwirkung, zum Teil ohne Beteiligung der Bundesregierung aufbauten. Es wird die These aufgestellt, dass sich zwischen 1950 und 1992 ein fundamentaler Wandel des politischen Systems in der Bundesrepublik Deutschland vollzog, der von der (medialen) Öffentlichkeit gar nicht beachtet oder diskutiert wurde. Obwohl die Verfassung nicht entscheidend verändert wurde, war der Staat Bundesrepublik Deutschland des Jahres 1949 in wichtigen Politikfeldern kaum noch identisch mit jenem der 1990er Jahre. Es entstand schrittweise ein neues politisches System, das in den Politikwissenschaften seit den 1980er Jahren als „Mehrebenensystem“ bezeichnet wird. Das Projekt untersucht die Genese dieses Mehrebenensystems an Beispiel von drei Politikfeldern: Die Kohle- und Stahlpolitik und die Agrarpolitik wurden schon früh europäisiert. Die Bildungspolitik gehört zu den klassischen Kompetenzen der Länder, jedoch nahm die Europäische Kommission schon bald auch hierauf Einfluss. Erstmals wird in diesem Projekt auf der Basis von nun zugänglichen, archivalischen Quellen untersucht, wie das so genannte „Europäische Mehrebenensystem“ zwischen 1950 und 1992 entstand.

Kooperation zwischen dem LVR und der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf

Projektleitung: Margrit Schulte Beerbühl (Düsseldorf)

Bedeutende Schokoladenunternehmen prägten einst die Wirtschaftslandschaft an Rhein und Ruhr. Entdecken Sie die Geschichte dieses untergegangenen Wirtschaftszweiges im Rheinland zwischen 1850 und 1970.

Außer Stollwerck ist kaum noch ein anderes Schokoladenunternehmen im gedächtnis der Öffentlichkeit vorhanden. Dabei existierten im Rheinland zwischenzeitlich mehrere hundert Schokoladenfirmen. Auch einst renommierte Firmen wie Lohmann & Neugebaur (Emmerich), Novesia (Neuss), Wissoll (Mülheim) und Kaisers (Viersen) zählten dazu. Im Rahmen einer ersten auf 10 städte begrenzten Recherche an der Universität Düsseldorf wurden fast 500 Schokoladenunternehmen gefunden, die zwischen 1850 und 1970 existierten. Es ist davon auszugehen, dass die Zahl noch wesentlich höher war.

Die Schokoladenindustrie war seit der Ankunft der Schokolade in Europa ein global ausgerichteter Wirtschaftszweig bedingt durch die klimatischen Erfordernisse des Kakaobaums. Ihre Geschichte war durch die Abhängigkeit von den tropischen Anbaugebieten unmittelbar in globale marktwirtschaftliche und politische Entwicklungen eingebettet, die Schokoladenunternehmen organisierten und strukturierten also globale Warenströme und beeinflussten die Arbeitsbedingungen in den Tropen erheblich. Bisland kaum bekannt ist, dass die westdeutschen Schokoladenunternehmen Vorreiter nachhaltiger ökologischer Anbaumethoden und fairer Arbeitsbedingungen in den Tropen waren. Entsprechende Forderungen und Engagements reichen bis in das erste Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts zurück. Die Nähe zum Meer und der Rhein als bedeutendste Binnenwasserstraße waren entscheidende Faktoren für die außergewöhnlich dichte Ansiedlung von Schokoladenfirmen im Rheinland. Die große Nachfrage aus dem Ruhrgebiet, dem größten Wirtschaftszentrum Europas, machte das Rheinland zugleich zu einem Zentrum des Nahrungsmittelgewerbes und der Konsumgüterindustrie.

Diese Facetten der rheinischen Konsumgüterindustrie sind weitestgehend vergessen. Umfangreiche Nachlässe - mit Ausnahme von Stollwerck - sind nicht vorhanden. Das Ziel des Projektes ist es, die noch vorhandenen Informationen über die einst "süße Seite" des Rheinlands zu sammeln und einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen. In Zusammenarbeit mit der Universität Düsseldorf plant das LVR-Internetportal Rheinische Geschichte eine Datenbank, welche die Daten aller erforschten Unternehmen kartographisch und systematisch verzeichnet. Bleiben Sie dran!

How Pippi came to the GDR

Projektleitung: Ines Soldwisch; Lisa Källström

The project examines the reception of Pippi Longstocking in Astrid Lindgren's books, which were allowed to appear in the GDR in 1975 and 1988. Two approaches are chosen: a historical and a cultural-scientific one. The first step is to analyze the political and social conditions under which the books were allowed to appear. This concerned political decision-making processes in the "GDR Children's Book Publishing House", but also political decision-making processes that were made up of a commission made up of GDR functionaries, GDR educators and GDR writers who decided which international books were allowed to appear in the GDR. This affected not only the printed text, but also the printed images in the book. What was allowed and what wasn't? What reasons were given for text modifications and image modifications? What associations should the pictures and text arouse in the children? These questions have not yet been answered in Swedish and German research. The joint project aims to close this gap. The project thus makes a valuable contribution to historical and cultural childhood research, dictatorship research and international picturebook research.

Becker, Jonas: Brücken nach Brüssel Die deutschen Länder, die europäische Integration und die Gemeinsame Agrarpolitik (1950-1992), Münster 2024.

Das vorliegende Buch setzt sich erstmals umfangreich quellenbasiert mit dem Einwachsen der deutschen Länder in die Mehrebenenarchitektur der Willensbildungsprozesse der späteren Europäischen Union (EU) auseinander. Der Fokus der Darstellung liegt auf den spezifischen Auseinandersetzungen zwischen den drei Ebenen Länder, Bund und EU, die dieser Prozess mit sich brachte. Die Perspektive ist dabei auf die deutschen Länder ausgerichtet. Dazu werden in einem ersten Teil die generellen Konflikte bei der Regelung der Beteiligung der Länder an der Europapolitik des Bundes untersucht. Der zweite Teil des Buchs nimmt schwerpunktmäßig ein einzelnes Politikfeld in den Blick. Mit der (europäischen) Agrarpolitik wurde hier eins der am stärksten debattierten Themenfelder gewählt. Vor diesem Hintergrund werden Fragen rund um die Reaktionen der Länder auf die europäische Integration beantwortet. Im Fokus stehen drei größere Fragenkomplexe. Diese kreisen um organisatorische Veränderungen, Verbindungen zu Verbänden und eine mögliche Periodisierung dieses Europäisierungsprozesses. Die daraus gewonnenen Erkenntnisse dienen schließlich dazu, zu ermessen wie stark sich der deutsche Föderalismus unter dem Eindruck der europäischen Integration veränderte.

Schulte Beerbühl, Margrit: Auf dem Weg in die Morderne: Spekulation und Finanzkrisen im 18. Jahrhundert, München 2023.

Die Spekulationskrisen des 18. Jahrhunderts werden von der Forschung bisher als vormodern, ohne realwirtschaftliche Auswirkungen eingestuft. In dieser Studie überprüft Margrit Schulte Beerbühl diese These anhand von sieben Spekulationskrisen (1710, 1720, 1763, 1772, 1788, 1793, 1799), welche abgesehen von derjenigen von 1720 nicht oder kaum bekannt und erforscht sind. Vom Kindleberger’schen Phasenkonzept moderner Spekulationskrisen ausgehend untersucht sie die Krisen aus einer internationalen und interdisziplinären Perspektive. Die Autorin zeigt, dass Innovationen spekulative Boom-and-Bust-Phasen auslösten und neue, teils transnationale Praktiken zur Eindämmung realwirtschaftlicher und sozialer Folgen entwickelten. So wiesen die Krisen im Laufe des Jahrhunderts nicht nur alle zentralen Erscheinungsmerkmale moderner Spekulationskrisen auf, sondern nahmen sogar eine globale Reichweite mit erheblichen realwirtschaftlichen und sozialen Folgen an.

Link zum Open Access.

Aldebert, Valentine / Henrich-Franke, Christian / Laborie, Léonard / Proschmann, Sabrina / Thiemeyer, Guido (Hrsg.): Conflict in Cooperation. Crossborder Infrastructures in Europe Facing the Second World War, Baden-Baden 2022.

This volume deals with cross-border infrastructural cooperation during the Second World War. It compares the development of postal services, telecommunications, railways and shipping, and places its findings in the context of the long-term developments of European integration. It therefore calls into question the hitherto dominant assumption that the Second World War signalled a caesura in international cooperation. At the same time, the study shows that cross-border initiatives were undertaken not only in spite of the war, but sometimes precisely because of it. The individual contributions thus also intervene in the debate on ‘New Europe’.

Proschmann, Sabrina: Creating the 'New Europe' through Postal Services. Setting Postal Standards during World War II, Baden-Baden 2022.

Die Arbeit analysiert den Europäischen Post- und Fernmeldeverein, der im Oktober 1942 in Wien unter der Führung der Achsenmächte gegründet wurde. Sowohl der technokratische Internationalismus als auch der Propagandabegriff „Neues Europa“ fanden dort Anknüpfungspunkte. Die deutsche Postverwaltung nutzte die Union, um das deutsche Postnormen auf innereuropäische Postdienste auszudehnen und die deutsche Vormachtstellung im neuen Posteuropa zu sichern. Nach dem Krieg wurde in Ost- und Westeuropa in den späten 1950er Jahren jeweils eine regionale Postorganisation gegründet. Der Inhalt der angestrebten Standardisierung unterschied sich kaum, die Art der Standardfindung in einem demokratischen und einem autokratischen Europa schon.

Schnurmann, Claudia; Schulte Beerbühl, Margrit (Hrsg.): Wissenstransfer in globalgeschichtlicher Perspektive, (Claudia Schnurmann / Margrit Schulte Beerbühl (Hg.) Wissenstransfer in globalgeschichtlicher Perspektive, Stuttgart 2022.

Globalisierung bezieht sich nicht nur auf die wirtschaftlichen Verflechtungen seit der Frühen Neuzeit, sondern schließt auch den zeitgleich einsetzenden globalen Austausch von Wissen ein. Politische, kulturelle und wirtschaftliche Institutionen sowie Akteure fungierten als Vermittler zwischen Kulturen. Innerhalb der Transferprozesse wurden Wissen und Wissenschaften transformiert. Welche Formen der Adaption oder Hybridisierung gab es? Und welche Grenzen und Hindernisse stellten sich dem in den Weg?

Die Autoren und Autorinnen stellen unterschiedliche Phänomene des globalen Wissenstransfers aus drei Perspektiven vor: In einem ersten Teil konzentrieren sich die Beiträge auf die Rolle der Institutionen als Wissensakkumulations- und Transfereinrichtungen – an Beispielen aus dem Bereich des Militärs, der Diplomatie und des Schulwesens zeigen sie, wie Wissen gesammelt und gestaltet wurde.

In dem zweiten Teil rücken die Beiträge individuelle Akteure wie Forschungsreisende, Wissenschaftler, Diplomaten oder Händler in den Fokus. Der dritte Teil widmet sich schließlich den Medien als Mittel der Verständigung für interkulturelle Kontakte.

 

Soldwisch, Ines; Schmitz, Stefan (Hrsg.): Aachen zwischen den Zeiten, Besatzung und Aufbruch 1919-1932, Aachen 2022.

Die 20er Jahre in Aachen waren eine Zeit zwischen den Zeiten, eine Zeit der Besatzung und eine Zeit des Aufbruchs. Innerhalb des Regierungsbezirks Aachen, der 1816 geschaffen wurde, war Aachen die größte Gemeinde. Stadt- und Landkreis Aachen hatten lange Zeit zu den bedeutendsten Industriestandorten in der Region gezählt, in der Stadt Aachen war die Textil- und Nadelindustrie sehr stark.

Doch der Erste Weltkrieg hatte auch die Kaiserstadt geprägt: Einwohnerzahl und Wirtschaftskraft waren gesunken. Die allgemeine Strukturkrise wurde durch die belgische Besatzung, die im Versailler Vertrag 1919 festgelegt wurde und bis 1929 andauern sollte noch verschärft. Zoll- und Handelshemmnisse schwächten die Wirtschaftspolitik in der Aachener Region. Die hohe Inflation, die Weltwirtschaftskrise kamen hinzu. In Aachen herrschte eine angespannte Atmosphäre. Die Zensur von Presse und Post stand auf der Tagesordnung, Grußpflicht gegenüber den Besatzern, Ausweiskontrollen und so manche Schikane und machte das Alltagsleben für die Aachenerinnen und Aachener zusätzlich schwer. Die 20er Jahre der im Ersten Weltkrieg Besiegten waren geprägt durch Unruhen, Aufstände, Plünderungen und Separatistenaufstände. Umso begeisterter wurde das Ende der Besatzungszeit gefeiert, der Besuch Hindenburgs am 10. und 11. Oktober 1930 wurde groß inszeniert und ihm die Ehrenbürgerwürde der Stadt verliehen.

Doch es gab neben dieser intensiven Krisenzeit auch eine Zeit der Hoffnung und des Aufbruchs, besonders auf kulturellem und wissenschaftlichem Gebiet. Von Mai bis September 1925 fand im Aachener Rathaus die Jahrtausendausstellung statt, Sie sollte an die 100-jähirge Zugehörigkeit des Rheinlandes zum Deutschen Reich erinnern und gleichzeitig die nationale Demütigung, die nach dem Versailler Vertrag empfunden wurde, ausgleichen.

1930 wurde Aachen wieder zum Sitz eines Bistums. Die Hochschule setzte sich sehr für ihre Studierenden ein. Die Stadtpolitik versuchte, das Leben in Aachen wieder lebenswert zu machen. Neue und moderne Gebäude wurden gebaut. Das Lichtspiel begann, die Museumslandschaft begann wieder zu blühen. Gewerbe und Industrie erholten sich langsam. Doch Ende der 20er Jahre war eine Verschiebung der politischen Kräfte zu spüren. Die Kommunisten erhielten mehr Zulauf. Seit 1924 stellte sich eine Nationalsozialistische Freiheitsbewegung zur Wahl, aus ihr wurde 1928 die NSDAP, die in Aachen Ende der 20er Jahre keine starke Bewegung war. Sie stellte 1929 in der Stadtverordnetenversammlung nur einen Sitz.

Von all diesen Wegmarken der Aachener Stadtgeschichte in den Jahren zwischen 1919 und 1932 erzählen die Autoren dieses Buches: Von den Studierenden der Technischen Hochschule, von Architektur zwischen Tradition und Moderne, von Künstlern Musikern, von Lichtspiel, Museen und Theater. Es ist die Geschichte einer Stadt zwischen den Zeiten.

Schulte Beerbühl, Margrit; Pause, Carl (Hrsg.): Kaffee ist fertig. Karriere eines Heißgetränks, Neuss 2022.

Den Ausstellungskatalog finden Sie hier.

Gerhards, Thomas: Staat, Nation und Moderne: Europa 1870-1920, Stuttgart 2022.

Die Jahrzehnte zwischen 1870 und 1920 markieren Höhepunkt und Abschluss der europäischen Vorherrschaft in der Welt. Die Epoche ist gekennzeichnet von Phänomenen wie Kapitalismus, Technisierung und Demokratisierung, die neben ihrer Fortschrittlichkeit zugleich ein bisweilen grelles Schlaglicht auf gegenläufige Beharrungskräfte sowie die vielfältigen sozialen und politischen Kosten dieser schier grenzenlosen Dynamiken werfen. Europa bleibt aber ein heterogener Kontinent mit zum Teil scharfen Trennlinien zwischen Ost und West, Stadt und Land, Bürgertum und Arbeiterschaft.
Anhand der Analyse von sechs zentralen Kategorien (Staat, Recht, Wirtschaft, Technik, Gewalt, Gesellschaft) wird die Janusköpfigkeit eines Zeitalters erkennbar, das in der Katastrophe des Ersten Weltkrieges sein Ende fand.

https://shop.kohlhammer.de/staat-nation-und-moderne-europa-1870-1920-37741.html#147=19

Soldwisch, Ines; Haude, Rüdiger; Freitag, Klaus (Hrsg.): Schrift und Herrschaft. Facetten einer komplizierten Beziehung, Bielefeld 2022.

Ist Schrift immer nur als Herrschaftsinstrument zu betrachten, so wie es Schriftwissenschaft, Ethnologie und Universalgeschichte behaupten? Vom antiken Scherbengericht bis zur Samisdat-Presse konnte Schrift auch der Bestreitung oder Einhegung der Herrschaft dienen. Während Herrschenden-Apotheosen Maßstäbe setzen, an denen real Herrschende scheitern können, zeigen uns Chroniken, wie umkämpft jede Macht ist. Die Beiträger*innen des Bandes zeigen, dass es bei der Instrumentalisierung von Schrift auf die Trägergruppen der Schriftlichkeit, auf Genres und die kulturelle Einbettung ankommt. Anhand von Beispielen, die von der Antike bis in die Zeitgeschichte reichen, beleuchten sie das prekäre Verhältnis zwischen Literalität und Macht.

https://www.transcript-verlag.de/978-3-8376-5626-8/schrift-und-herrschaft/?c=310000111

Neuwöhner, Benedikt; Mölich, Georg; Schmidt, Maike (Hrsg.): Die Besatzung des Rheinlandes 1918 bis 1930. Alliierte Herrschaft und Alltagsbeziehungen nach dem Ersten Weltkrieg, Bielefeld 2020.

Die Besatzung großer Teile des Rheinlandes und des Ruhrgebietes durch die Siegermächte Frankreich, Belgien, Großbritannien und USA nach dem Ersten Weltkrieg prägte nicht nur die Region, sie beeinflusste auch die Zwischenkriegszeit in Europa und Deutschland, in Teilen bis 1930. Anders als die gut erforschte französische Zone ist die Geschichte der anderen Besatzungszonen weitgehend unbekannt. Anhand von teils unbearbeiteten Quellen regionaler und überregionaler Provenienz untersuchen die in diesem Band versammelten Studien die politische Organisation, die Herrschaftsstrategien und den Alltag der Besatzung – insbesondere in der belgischen und britischen Zone. Das Buch zeichnet ein differenziertes Bild der besetzten rheinischen Gebiete und bietet Anknüpfungspunkte für die weitere Erforschung der alliierten Rheinlandbesatzung und der europäischen Zwischenkriegszeit.

Mit Beiträgen von Susanne Brandt, Mark Haarfeldt, Mareen Heying, Stefan Goch,  Benedikt Neuwöhner, Martin Schlemmer, Charlotte Vekemans.

icon Düsseldorf (Hrsg.): Krieg und Migration im Comic. Interdisziplinäre Analysen, Bielefeld 2020.

Freund oder Feind? Eigenes oder Fremdes? Graphische Erzählungen brechen vorstrukturierte binäre Wahrnehmungsmuster auf. Krieg und Migration zählen schon seit den Anfängen des Comics zum Kernbestand des Genres und sind im Zuge der politischen Instabilitäten der 2010er Jahre erneut in den Fokus vieler Werke gerückt. Das Spektrum reicht von dokumentarischen Comics bis zur fiktionalen Ausgestaltung von Einzelschicksalen. Aus unterschiedlichen Fachperspektiven analysieren die Beiträger*innen die Erzählstrategien von Comics über Krieg und Migration sowie deren Analogien und Differenzen zu verwandten Medien wie Literatur, bildende Kunst, Fotografie und Film.

Mit Beiträgen von Susanne Brandt, Dietrich Grünewald, Michael Heinze, Marina Ortrud M. Hertrampf, Stefan Köhn, Frank Leinen, Andreas Platthaus, Elisabeth Scheer, Monika Schmitz-Emans, Mara Stuhlfauth-Trabert und Florian Trabert.

Brüll, Christoph; Henrich-Franke, Christian; Hiepel, Claudia; Thiemeyer, Guido (Hrsg.): Belgisch-Deutsche Kontakträume in Rheinland und Westfalen 1945-1995, Baden-Baden 2020.

Der Band untersucht belgische Garnisonsstandorte in Rheinland und Westfalen nach dem Zweiten Weltkrieg als Kontakträume, in denen sich politische, wirtschaftliche, gesellschaftliche und militärische Auswirkungen von Europäischer Integration im alltäglichen Nebeneinander besonders deutlich abbilden. Im Zentrum der Beiträge stehen die Mechanismen und Katalysatoren von Verflechtung, Entflechtung und Koexistenz in lokalen Räumen, die eine geografische Brisanz besaßen, da sie transnationale Kontakte nicht an die nationalen Außengrenzen europäischer Nationalstaaten verlagerten, sondern sich auf engstem Raum permanent (re-)konfigurieren mussten. Wie laufen transnationale Kontakte im Alltag ab? Wie haben sie sich im Zeitverlauf auch angesichts wechselnder geopolitischer und geostrategischer Großwetterlagen verändert? Der Band gibt der Geschichtsschreibung der Europäischen Integration durch eine konsequente Wiederentdeckung von europäischer Regionalgeschichte einen neuen Impuls. 

Mit Beiträgen von Christoph Brüll, Christian Henrich-Franke, Claudia Hiepel, Jonas Krüning, Marc Laplasse, Pierre Muller, Vitus Sproten, Guido Thiemeyer.

Henrich-Franke, Christian; Hiepel, Claudia; Thiemeyer, Guido; Türk, Henning (Hrsg.): Grenzüberschreitende institutionalisierte Zusammenarbeit von der Antike bis zur Gegenwart, Baden-Baden 2019.

Der Band leistet einen Beitrag zur Diskussion über eine Perspektivenerweiterung der Internationalen Geschichte, die bisher stark auf staatliche Formen internationaler Zusammenarbeit im 19. und 20. Jahrhundert fokussiert war. Dabei stellt er Vorstellungen und theoretische Modelle, die sich am methodologischen Nationalismus orientieren, in Frage. Stattdessen integriert der Band unter dem Konzept der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit Beiträge, die sich sowohl mit anderen Epochen als auch mit nichtstaatlichen Formen der Zusammenarbeit beschäftigen. Die einzelnen Beiträge sammeln sich hinter dem Governance-Ansatz, der sich aufgrund seiner konzeptionellen Offenheit in der Auseinandersetzung mit Interdependenzproblemen für die Diskussion um eine erweiterte Perspektive anbietet. Der Band wendet sich an Historiker, Politik- und Sozialwissenschaftler, die sich mit der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit beschäftigen. 

Mit Beiträgen von Kilian Baur, Sonja Dolinsek, Saskia Geisler, Christian Henrich-Franke, Claudia Hiepel, Nicola Jahn, Sabrina Kirschner, Jan Musekamp, Mechthild Roos, Sebastian Scharff, Korinna Schönhärl, Magda Schwandt, Martina Sochin-D’Elia, GuidoThiemeyer, Henning Türk, Jonathan Voges.

Brandt, Susanne: Das letzte Echo des Krieges. Der Versailler Vertrag, Stuttgart 2018.

Am 28. Juni 1919 wurde im Schloss von Versailles der Friedensvertrag der Siegermächte mit Deutschland unterzeichnet, der den Ersten Weltkrieg beendete. Die Feindseligkeiten waren mit diesem, vom südafrikanischen Premierminister Jan Christiaan Smuts als »letztes Echo des Krieges« bezeichneten Abkommen aber keineswegs beigelegt. Für Deutschland, dem man als Wiedergutmachung für die Verwüstungen in Frankreich und Belgien hohe Reparationsleistungen auferlegte und dessen Schuld am Ausbruch des Krieges im Artikel 231 festgeschrieben wurde, bedeutete der Vertrag eine schwere Hypothek.
Susanne Brandt erläutert die Motive der Verhandlungspartner und was die zahlreichen Bestimmungen des Vertragswerks bezwecken sollten. Auch zeigt sie, wie die Zeitgenossen darauf reagierten. Ein klar strukturiertes Werk mit Zeittafeln und zeitgenössischen Quellen.

Rethinking Practices and Notions of Fascist Internationalism 1919–1945

Geld und Internationale Politik von der Antike bis ins 20. Jahrhundert

Grenzüberschreitende institutionalisierte Zusammenarbeit von der Antike bis in die Gegenwart. Strukturen und Prozesse

Vom 16.-17. März 2017 fand in Zusammenarbeit mit dem Kulturwissenschaftlichen Institut (KWI) in Essen die zweite Jahrestagung der AG Internationale Geschichte im Deutschen Historikerverband statt. Sie widmete sich der epochenübergreifenden Analyse grenzüberschreitender Zusammenarbeit. HENNING TÜRK (Potsdam) und CLAUDIA HIEPEL (Essen) führten zunächst in das Tagungsthema ein. Sie verdeutlichten, dass die Tagung mit dem weit gefassten Titel versuchen möchte, den Blick der Internationalen Geschichte auf die sogenannte „Vormoderne“ zu erweitern. Um eine gemeinsame Sichtweise auf grenzüberschreitende institutionalisierte Zusammenarbeit über die Epochen hinweg zu ermöglichen, rekurrierten sie auf den politikwissenschaftlichen Governance-Ansatz. Dieser nimmt vor allem Strukturen und Prozesse der Zusammenarbeit in den Blick. Für Historiker sind dabei insbesondere drei Aspekte des Governance-Ansatzes interessant: die gleichberechtigte Analyse von gesellschaftlichen und politischen Akteuren, die Betrachtung von formellen und informellen Organisationsstrukturen und der Wandel der Zusammenarbeit im Laufe der Zeit. Diese Grundprinzipien dienten als roter Faden für die Inhalte und Diskussionen der einzelnen Beiträge.

In der ersten Sektion standen der Auf- und Abbau von Grenzen im Mittelpunkt. Sie wurde eröffnet von SASKIA GEISLER (Bochum) mit einem Beitrag über die finnisch-sowjetische Zusammenarbeit zur Erzförderung in Kostamus in den 1970er- und 1980er-Jahren. Während es hier gemeinsame wirtschaftliche Interessen zwischen beiden Ländern gab, standen ihre politischen Konzeptionen im Konflikt. Saskia Geisler unterstrich in ihren Ausführungen, dass vor allem informelle Kontakte zwischen den einzelnen Arbeitergruppen die Zusammenarbeit in Kostamus stabilisiert hatten. Als Beispiel für grenzüberschreitende Zusammenarbeit in Europa bezog sich CLAUDIA HIEPEL (Duisburg-Essen) auf die „Euregio Rhein-Ems-Ijssel“, die Ende der 1950er-Jahre im deutsch-niederländischen Grenzraum ins Leben gerufen worden war. Sie besaß Modellcharakter für zahlreiche weitere Euregios an den Binnengrenzen der Europäischen Gemeinschaft. Entscheidend war, dass auf Initiative gesellschaftlicher Akteure die bestehenden politischen Grenzen relativiert wurden. Die neuen zivilgesellschaftlichen Strukturen wurden dann im Rahmen der Euregio institutionalisiert.

In der zweiten Sektion ging es um die Frage, wie die Institutionalisierung von grenzüberschreitenden Beziehungen zur Konfliktregulierung genutzt wurde. SEBASTIAN SCHARFF (Mannheim) untersuchte unter dieser Frage die delphische Amphiktyonie, einen Verband von Städten im antiken Griechenland um das Apollonheiligtum von Delphi. Dieser Zusammenschluss beruhte unter anderem auf rudimentären, dafür aber verbindlichen Regelungen, die im Konfliktfall zwischen Mitgliedern der Amphiktyonie Anwendung finden sollten. Um Überlegungen zum Aufbau einer institutionalisierten grenzüberschreitenden Kooperation im Spätmittelalter ging es im Beitrag von MAGDA SCHUSTEROVÁ (Osnabrück). In ihren Ausführungen bezog sie sich auf den Vorschlag des böhmischen Königs Georg von Podiebrad zur Gründung einer „Fürstenliga“. Dieser geplante Zusammenschluss europäischer Fürsten und Souveräne des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation sollte auf Regeln und Prinzipien basieren, die im europäischen Raum von den unterschiedlichsten „innerstaatlichen“ Gebilden (z.B. den Landfriedensbünden), bereits seit Langem benutzt wurden. Mit seinem Vorschlag wollte der böhmische König vor allem die drohende Gefahr eines Kreuzzuges gegen sein vom Hussitismus geprägtes Königreich abwenden. Dass informelle Strukturen und Kooperationen vor allem für die Geschichte des Europäischen Parlaments (1952-1979) eine große Rolle spielten, zeigte MECHTHILD HERZOG (Luxemburg). Auch wenn sie in den 1950er- und 1960er-Jahren rechtlich nur schwach institutionalisiert war, spielte die parlamentarische Versammlung aufgrund ihres selbstbewussten Agierens auf informeller Basis eine wichtige Rolle in der politischen Entscheidungsfindung von Montangemeinschaft und EWG. Auf die Rolle staatlicher und nicht-staatlicher Akteure bei der internationalen Zusammenarbeit der Industrieländer im Bereich der Energiepolitik seit den 1970er-Jahren konzentrierte sich HENNING TÜRK (Potsdam). Im Zuge der Ölkrise von 1973/74 veränderte sich die energiepolitische Zusammenarbeit deutlich. Diese war bis dahin in der Organization for Economic Cooperation and Development (OECD) organisiert und wurde nach der Ölkrise mit der Gründung der Internationalen Energie-Agentur (IEA) im November 1974 intensiviert. Damit einhergehend änderten sich die formalen Strukturen der Zusammenarbeit. Die Gründung der IEA ist allerdings nicht nur als Antwort auf die Herausforderungen durch die OPEC zu sehen, sondern diente auch der Einhegung von Konflikten innerhalb der Industrieländer.

Die dritte Sektion der Tagung war grenzüberschreitenden Infrastrukturen und ihrer politisch-gesellschaftlichen Bedeutung gewidmet. CHRISTIAN HENRICH-FRANKE (Siegen) stellte sich in seinem Beitrag die Frage, wie sich Organisationen, Institutionen, Entscheidungsverfahren und inhaltliche Regulierungen an die Veränderung von Grenzen und den Wandel von Staatlichkeit anpassen und ob sich grenzüberschreitende Kooperationen in diesem Fall auflösen oder in neue Strukturen integrieren. Als historisches Beispiel wählte er die Arbeit des Vereins der deutschen Eisenbahnverwaltungen, der sich nach der Reichsgründung 1871 zum „Verein mitteleuropäischer Eisenbahnverwaltungen“ entwickelte und damit zum Vorbild für den „Internationalen Eisenbahnverband“ wurde. Mit Blick auf die Frage nach dem Herstellungsprozess von Vertrauen und dem Entstehen von Misstrauen bei grenzüberschreitender institutionalisierter Kooperation lieferte NICOLA JAHN (Hamburg) interessante Einblicke in ihre aktuellen Forschungen zur Deutsch-Niederländischen Telegraphengesellschaft. Über den staatlich initiierten und subventionierten privatwirtschaftlichen Ausbau des Telegraphennetzes im indopazifischen Raum versuchten beide Länder zu Beginn des 20. Jahrhunderts ihren Einflussbereich in dieser Region auszudehnen. SABRINA KIRSCHNER (München) setzte sich entgegen der dominierenden eurozentrischen Sichtweise von transnationaler Kooperation mit der überregionalen und institutionalisierten Zusammenarbeit in Südamerika im Bereich des Umweltmanagements auseinander. Konkret behandelte sie in ihrem Vortrag Maßnahmen gegen die Gewässerverschmutzung in São Paulo (Brasilien) in den 1960er- und 1970er-Jahren. Zur Lösung der Umweltprobleme bemühte sich São Paulo initiativ in Kooperation mit den Regierungen des Bundestaats São Paulo und Brasiliens um die Bildung eines Netzwerks verschiedener Akteure. Insbesondere das von der „World Bank“ unterstütze „Water Supply and Pollution Control Project“ speziell für São Paulo unterstreicht den Versuch einer globalen Kooperation im Kampf um die Gewässerverschmutzung vor Ort.

Ein Sonderfall grenzüberschreitender Kooperation sind ökonomische Beziehungen, die in der vierten Sektion untersucht wurden. Am Beispiel der Internationalen Finanzkommission (IFK) für Griechenland im 19. Jahrhundert und der gegenwärtig in Griechenland agierenden „Troika“ aus Internationalem Währungsfonds (IWF), Europäischer Kommission und Europäischer Zentralbank untersuchte KORINNA SCHÖNHÄRL (Duisburg-Essen/München) Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen der grenzüberschreitenden und international organisierten Schuldenverwaltung im 19. und 21. Jahrhundert. Gemeinsamkeiten der internationalen Kooperationen lassen sich in der Entstehungssituation, ihrer formellen Struktur, den Zielsetzungen, potentiellen Konflikten und Lösungsstrategien erkennen. In beiden Fällen war zudem ein erheblicher Verlust an nationaler Souveränität für den Mittelmeerstaat damit verbunden. In der Konsequenz ähnlich, in den Ursachen jedoch grundverschieden war die Politik des Kleinstaates Liechtenstein, die von MARTINA SOCHIN-D’ELIA (Liechtenstein) untersucht wurde. Aufgrund seiner geographischen Lage und seiner geringen Größe suchte das Fürstentum in seiner Geschichte immer wieder die Angliederung an umfassendere wirtschaftliche und politische Gebilde, um die eigene Wirtschaft zu fördern. Nach der Aufkündigung des „österreichisch-liechtensteinischen Zoll- und Steuervereinsvertrags“ 1919 und der zeitlich kurzen Eigenständigkeit als selbständiges Zollgebiet, schloss der Staat im Rahmen von Verhandlungen zwischen 1920-1924 den „schweizerisch-liechtensteinischen Zollanschlussvertrag“. Über diesen noch immer bestehenden Vertrag wurden in den vergangenen 90 Jahren grenzüberschreitende Zusammenarbeiten im Bereich der Wirtschaft (Währungs- und Zollunion) sowie der fremdenpolizeilichen Grenzkontrollen geschaffen. Dadurch verzichtete Liechtenstein freiwillig auf einen Teil seiner Souveränität. Anders gelagert waren die Probleme und Lösungsstrategien im Bereich der wirtschaftlichen Zusammenarbeit in der Vormoderne, wie KILIAN BAUR (Ingolstadt) in seinem Beitrag über Handlungsspielräume einzelner Personen in den ‚hansischen Außenbeziehungen‘ zeigte. Die Forschung ist sich einig, dass die Vergabe von Privilegien durch „ausländische“ Herrscher (Zar von Russland, König von Frankreich), wie z.B. eigene Gerichtsbarkeit oder Zollerleichterungen, entscheidend für das Agieren der Kaufleute und Händler innerhalb der Hanse war. Dennoch standen durchaus Alternativen zur Verfügung, wenn Rechte verletzt wurden oder Interessen durchgesetzt werden sollten. Eine wichtige historische Quelle sind hierbei die Zuversichtsbriefe. In diesen beglaubigte der ausstellende städtische Rat dem Begünstigten die Berechtigung seiner Forderungen und bat den empfangenden Rat um Unterstützung bei der Befriedigung der Forderungen seines Bürgers. Über dieses zentrale Medium in der städte- und grenzüberschreitenden Kommunikation konnten somit überregionale Kooperationen auf individueller und institutioneller Ebene organisiert werden.

Grenzüberscheitende Expertennetzwerke standen im Zentrum der fünften Sektion. PHILLIP WAGNER (Bielefeld) beschäftigte sich in diesem Zusammenhang mit der International Federation for Housing and Town Planning. Dieser 1913 in London gegründete internationale Verband der Stadtplaner war nach dem Ersten Weltkrieg von großen Spannungen geprägt, da seine Mitglieder unterschiedlichen politischen Ideologien anhingen. Vor allem durch eine stärkere Formalisierung der Zusammenarbeit und die Berufung auf ein vermeintlich „unpolitisches“ Expertentum versuchte der Verband im „Zeitalter der Extreme“, eine Kooperation der Akteure mit unterschiedlichen ideologischen Ansichten aufrechtzuhalten. JONATHAN VOGES (Hannover) beschäftigte sich mit der Rolle Intellektueller und ihres Engagements in der internationalen Zusammenarbeit nach dem Ersten Weltkrieg. Albert Einstein und Paul Valéry waren beispielsweise zwei Intellektuelle, die im Rahmen der vom Völkerbund eingesetzten Internationalen Kommission für geistige Zusammenarbeit eine Kooperation auf wissenschaftlich-kulturellem Gebiet fördern wollten. Im Zentrum der Kommissionsarbeit standen Fragen der universitären Zusammenarbeit, der Vereinheitlichung wissenschaftlicher Termini oder der Erziehung im Sinne der Ideale des Völkerbunds. Im Vortrag wurde deutlich, dass die Arbeit in der Kommission durch Personalwechsel von zunehmenden Spannungen zwischen einem internationalistischen Anspruch der Kommission und einem nationalistischen Agieren der Mitglieder geprägt war. Trotz dieses Spannungsverhältnisses konnte die Kommission zahlreiche wichtige Projekte zum Abschluss bringen. Ein anderes Beispiel für die erfolgreiche Zusammenarbeit staatlicher und nicht-staatlicher Akteure gab SONJA DOLINSEK (Erfurt) in ihrem Vortrag über die Bekämpfung des „Frauenhandels“. Ende des 19. Jahrhunderts kristallisierte sich ein Netzwerk von Regierungsvertretern, Bürokraten, Wissenschaftlern und Journalisten heraus, welche sich gemeinsam der Aufdeckung und Bekämpfung des „Mädchenhandels“ widmeten. Dolinsek konzentriert sich in ihren Forschungen auf jene Gruppe von Akteuren, die sich auch als „transnational advocacy networks“ (Keck/ Sikkink) bezeichnen lassen. Das Netzwerk schuf grenzüberschreitende rechtliche Rahmenbedingungen, aus denen sich transnationale Kooperationen (z.B. zwischen Polizeibehörden und Regierungen) im Kampf gegen den „Mädchenhandel“ zwischen 1904-1949 entwickelten. Im letzten Vortrag der Tagung analysierte BRAM FAUCONNIER (Mannheim) die überregionale Kooperation im antiken Römischen Reich am Beispiel der Athleten. Um ihre grenzüberschreitende Arbeit zu erleichtern, schlossen sie sich zu Verbänden zusammen, ernannten Repräsentanten und vernetzten sich mit lokalen Statthaltern und einflussreichen Persönlichkeiten. Auf diese Weise konnten die Verbände eine Reihe von Privilegien für ihre Mitglieder aushandeln, wie z.B. Steuerfreiheit. Zudem gewährten sie ihren Mitgliedern medizinische Unterstützung oder berieten sie in rechtlichen Fragen. Die Verbände besaßen ihre Zentrale in der Hauptstadt Rom, von wo aus sie Anweisungen an lokale Abteilungen der Verbände erließen. Charakteristisch für diese Art von Kooperation ist das Zusammenspiel von formellen und informellen Strukturen, wodurch die Interessensgemeinschaften sowohl wirtschaftliche Vorteile als auch politischen Einfluss gewinnen konnten.

In der Schlussdiskussion fassten GUIDO THIEMEYER (Düsseldorf) und CHRISTIAN HENRICH-FRANKE (Siegen) zentrale Aspekte aus den vorangegangenen Vorträgen zusammen. Insbesondere der Governance-Ansatz habe sich als fruchtbar erwiesen und neue Perspektiven eröffnet. Vor allem zeige er, dass diese Perspektive bei grenzüberschreitenden Kontakten neue Erkenntnisse eröffnete. An den nationalen Grenzen entstanden vielfach eigene gesellschaftliche und politische Regime, die mit den inneren Regimen der Staaten ebenso wie mit dem internationalen System eng verknüpft waren, gleichwohl aber eine eigene Dynamik entwickelten. Diese eigentümliche Struktur und Dynamik gelte es genauer ins Auge zu fassen. Hierbei sollte es auch um eine Systematisierung der grenzüberschreitenden Kooperation gehen. In welchem Zusammenhang stehen staatliche und nichtstaatliche Akteure bei grenzüberschreitenden Kontakten? Gibt es idealtypische Prozesse bei der Institutionalisierung von gesellschaftlich-kultureller Kooperation über Grenzen hinweg? Lassen sich dabei epochenübergreifende Zusammenhänge erkennen? Hier bieten sich vielfältige Anknüpfungspunkte für die geplante Publikation und die zukünftige Forschung.

Konferenzübersicht:

Claudia Hiepel (Essen) / Henning Türk (Potsdam): Begrüßung und Eröffnung

Sektion I: Aufbau und Rückbau von Grenzen
Moderation: Dominik Geppert (Bonn)

Saskia Geisler (Bochum): Finnische Bauprojekte in der Sowjetunion. Der Spezialfall Kostamus und seine langfristigen Folgen

Claudia Hiepel (Duisburg-Essen): Grenzüberschreitende Zusammenarbeit in Europa am Beispiel der Euregios im deutsch-niederländischen Grenzgebiet

Sektion II: Institutionalisierung als Konfliktregulierung
Moderation: Christian Henrich-Franke (Siegen)

Sebastian Scharff (Mannheim): Die delphische Amphiktyonie als völkerrechtliche Innovation und institutionelles Experiment

Magda Schusterová (Osnabrück): Der erste Versuch eines institutionalisierten Europas – ein etwas anderer Blick auf die Friedensliga des böhmischen Königs Georg von Podiebrad

Mechthild Herzog (Luxemburg): Die informelle Entwicklung einer supranationalen Co-Legislative. Das selbstbewusste Agieren des Europäischen Parlaments 1952-1979

Henning Türk (Potsdam): Die Verhinderung zukünftiger Konflikte durch Institutionen. Die Gründung der Internationalen Energieagentur (IEA) 1974 im Kontext der ersten Ölkrise

Sektion III: Infrastrukturen
Moderation: Guido Thiemeyer (Düsseldorf)

Christian Henrich-Franke (Siegen): Grenzüberschreitende institutionalisierte Zusammenarbeit und der Verlust der Grenze

Nicola Jahn (Hamburg): Vertrauensbildung im Gründungsprozess einer Public-private-Partnership. Das Beispiel der Deutsch-Niederländischen Telegraphengesellschaft 1901-1905

Sabrina Kirschner (München): Grenzüberschreitende institutionalisierte (Entwicklungs)-zusammenarbeit im urbanen Umweltmanagement: Erste Maßnahmen gegen Gewässerverschmutzung in Sao Paulo in den 1960er-und 1970er-Jahren

Sektion IV: Institutionalisierung ökonomischer Beziehungen
Moderation: Peter Hoeres (Würzburg)

Korinna Schönhärl (Duisburg-Essen / München): Die Internationale Finanzkommission für Griechenland im 19. Jahrhundert – Vorläuferin der „Troika“?

Martina Sochin-D’Elia (Liechtenstein): Die (Teil-)Aufgabe der eigenstaatlichen Souveränität zum Wohle der Wirtschaft? Der schweizerisch-liechtensteinische Zollanschlussvertrag

Kilian Baur (Ingolstadt): Handlungsspielräume einzelner Personen in den „hansischen Außenbeziehungen“

Sektion V: Transnationale Expertenkooperationen
Moderation: Friedrich Jäger (Essen)

Phillip Wagner (Bielefeld): Expertennationalismus im „Zeitalter der Extreme“. Die International Federation for Housing and Town Planning um 1930

Jonathan Voges (Hannover): Eine Internationale der „Geistesarbeiter“? Institutionalisierte intellektuelle Zusammenarbeit im Rahmen des Völkerbundes

Sonja Dolinsek (Erfurt): Transnationale Advokatennetzwerke und die grenzüberschreitende Bekämpfung des „Frauenhandels“ im 20. Jahrhundert

Bram Fauconnier (Mannheim): Ecumenical synods. The transregional workings of associations of competitors in the Roman Empire

Tagungsbericht: Jonas Krüning M.A. (https://www.hsozkult.de/conferencereport/id/tagungsberichte-7267)

Der Rhein als politische Landschaft zwischen Deutschland und Frankreich 1815 - heute/ Le Rhin. Un espace partagé entre la France et l'Allemagne de 1815 à nos jours

Zum 13. Mal fand im September 2016 die Konferenz des Deutsch-Französischen Historikerkomitees statt. Thema war der Rhein als politische Landschaft zwischen Deutschland und Frankreich von 1815 bis heute. Unter der Prämisse, dass der Rhein und das Rheinland ein Mikrokosmos der deutsch-französischen Beziehungen seien, diskutierten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus beiden Ländern konkrete Beispiele aus den letzten zweihundert Jahren. Fünfzehn der zwanzig bei dieser Konferenz gehaltenen Vorträge sind in diesem Tagungsband, herausgegeben von Hélène Miard-Delacroix und Guido Thiemeyer, publiziert. Nach einer Einführung durch die Herausgeber schließen sich die Beiträge, gegliedert nach historischen Epochen, an. Das 19. Jahrhundert ist mit vier Beiträgen vertreten (17-71), die Zwischenkriegszeit und der Zweite Weltkrieg mit fünf (75-175) und die Zeit nach 1945 mit sechs Aufsätzen (179-256). Abgerundet wird der Band mit einem Verzeichnis der Autorinnen und Autoren, die mit ihren Arbeits- und Publikationsschwerpunkten vorgestellt werden (257-260).

Einführend verorten die Herausgeber ihre Publikation im größeren Rahmen der europäischen Rhein-Historiographie, in der zunehmend von einem "Espace Partagé" gesprochen werde: "Der Rhein-Raum wird nun als hybrides Ordnungsmodell gesehen, in dem verschiedene Akteure mit unterschiedlichen Interessen und geistigen Hintergründen aufeinandertrafen. [...] Der Rhein erscheint dann nicht mehr als deutsch-französischer oder europäischer Raum, sondern als Region mit eigenen, hybriden, zum Teil zuwider laufenden Strukturen und Prozessen."(8)

Vor diesem Hintergrund verfolgt die vorliegende Publikation zwei Ziele: Erstens will sie neuere Forschungen jüngerer Autorinnen und Autoren publizieren, die um Beiträge etablierter Wissenschaftler ergänzt werden. Zweitens möchte sie die deutsch-französische Perspektive der Rhein-Forschung stärken (10).

Die Bandbreite der Beiträge ist groß und der gemeinsame Nenner ist mal mehr und mal weniger klar zu erkennen. Eine gelungene Umsetzung stellt der Aufsatz von Nils Bennemann dar, der die kartographischen Ordnungsvorstellungen in den badisch-französischen Rheinkarten der Jahre 1828 bis 1840 untersucht (49-58). Diese Karten, von denen es jeweils badische und französische Ausgaben gab, waren Ausfluss einer langjährigen wissenschaftlichen Kooperation zwischen Frankreich und Baden sowie Ergebnis der Arbeit einer mit Teilnehmern aus beiden Ländern besetzten Kommission. Überzeugend arbeitet Bennemann heraus, dass diese Zusammenarbeit nicht zu einer gemeinsamen Sichtweise auf die Rheingrenze geführt habe. Die vorherrschende Perspektive auf das eigene und das fremde Territorium habe sich nicht verändert.

Besonders treffend greift auch Anne-Marie Corbin das Thema Rhein im vorgenannten Sinn auf (205-217). Klar arbeitet sie heraus, wie sich in den 1970er-Jahren eine grenzüberschreitende Protestkultur im Kampf gegen geplante Atomkraftwerke entwickelte. Hierin sieht sie eine "neue soziale Bewegung" (206), die eine ebenso neue Kultur des deutsch-französischen Dialogs hervorgebracht habe.

In fast schon traditioneller Form, dafür aber nicht weniger interessant, beschäftigt sich François Walter mit der Entstehung des Rheins als "figure paysagère de la nation" (29-48). Gerade im 19. Jahrhundert habe die Rheinlandschaft, aufgeladen mit politischen und kulturellen Bildern, romantisch verklärt und mit mythischen Elementen angereichert, zunehmend an symbolischer Bedeutung gewonnen. Vor allem als deutscher Fluss sei sie zu einem nationalen Symbol geworden. Dieser Instrumentalisierung stellt Walter eine französische Wahrnehmung gegenüber, die die deutsche Sicht als "ideologische Täuschung" empfand (43).

Einen thematischen Schwerpunkt des Bandes bildet die Zwischenkriegszeit. Mit den Folgen der französischen Besetzung deutscher Territorien nach dem Ersten Weltkrieg beschäftigen sich die Aufsätze von Karin Trieloff, Stefan Goch und Brigitte Braun, die in ihrem Aufsatz die Entstehung und Rezeption des UFA-Films "Der Rhein in Vergangenheit und Gegenwart" untersucht (149-163).

Das Spannungsfeld zwischen lokaler Wahrnehmung der Besetzung und beginnender deutsch-französischer Entspannungspolitik schildert Karin Trieloff am Beispiel der sogenannten Affäre Rouzier, einem Wirtshausstreit mit Todesfolge und anschließendem Prozess (87-99). Sie arbeitet heraus, dass die Interpretation der namensgebenden Affäre auf deutscher und französischer Seite sehr unterschiedlich ausfiel und sich zwischen den Extremen 'willkürliche Mordtat' und 'Notwehr' bewegte. Interessant wird dieser lokale Fall durch seine Rückwirkungen auf die nationale und internationale Politik. Trieloff zeigt, wie er sich für die je eigenen politischen Ziele instrumentalisieren ließ und ihn gerade die deutsche Seite nutzte, um die alliierte Besetzung zu diskreditieren.

Mit der gegenseitigen Wahrnehmung von Franzosen und Deutschen während der Ruhrbesetzung beschäftigt sich Stefan Goch (101-148). In seiner detailgesättigten Darstellung will er am lokalen Beispiel Gelsenkirchen einen Blick von unten auf die Ruhrbesetzung werfen (101f.). Diesem Anspruch wird Goch nur zum Teil gerecht. Vornehmlich aus deutscher Sicht stehen die lokalen und kommunalen Entscheidungsträger sowie ihr Handeln im Mittelpunkt seiner Untersuchung. Seine Kernthese lautet, dass der sogenannte Ruhrkampf nur geringe Auswirkungen auf die Einstellungen der Zivilbevölkerung hatte und der Alltag der Arbeiterschaft nicht von dieser Auseinandersetzung bestimmt worden sei. Seine Argumente können hier jedoch nicht restlos überzeugen, schreibt er doch selbst, dass der passive Widerstand anfangs milieuübergreifend erfolgt sei (105). Schließlich konstatiert Goch ab Mitte 1923 einen nachlassenden Widerstand in der Arbeiterschaft - den es also doch gab - da die Bewältigung des alltäglichen Lebens immer mehr in den Vordergrund gerückt sei (138ff.). Kann dieser Befund aber aufgrund der multiplen Probleme jener Zeit wirklich überraschen?

Mit ganz anderen Themen beschäftigen sich die Beiträge für die Zeit nach 1945. Am Rhein entwickelte sich aus der deutsch-französischen Konkurrenz zunehmend eine Kooperation in einem zusammenwachsenden Europa. So widmet sich Claudia Hiepel den Euregios am Rhein (219-231) oder Fabrice Gireaud dem Eurodistrikt Strassburg-Ortenau (233-242).

Zunehmende Verflechtungen über politische Grenzen hinweg entwickelten sich darüber hinaus auch in Bereichen, die nicht immer im Fokus der historischen Forschung stehen. So analysiert Martial Libera das Verhältnis der Handelskammern in der Oberrheinregion von 1945 bis 1970 (191-203) und arbeitet heraus, dass sich deren Beziehungen relativ unabhängig vom deutsch-französischen Verhältnis entwickelt hätten. Prägender seien dagegen äußere Zwänge gewesen, wie die fortschreitende europäische Integration oder die Wirtschaftskrise der 1970er-Jahre. Es seien diese Faktoren gewesen, die zu den unterschiedlichsten Formen der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit geführt hätten.

Als hilfreich für künftige Untersuchungen könnte sich schließlich der Ansatz von Rainer Hudemann erweisen, der am Beispiel Straßburgs 15 Wirkungselemente identifiziert, um komplexe Prozesse grenzüberschreitender Verflechtung zu untersuchen (243-256). Über die besprochenen Beiträge hinaus bietet der Sammelband einen breiten und überaus anregenden Überblick zum aktuellen Stand der Rheinforschung. Er stellt daher eine Lektüre dar, die wirklich lohnt.

Rezension: Christian Henke (http://www.sehepunkte.de/2019/04/32331.html)

 

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