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Die Goldene Bulle 1356 – die erste schriftliche Verfassung des römisch-deutschen Reichs

Projektvorstellung

Im Rahmen eines einjährigen Fellowships am Käte Hamburger Kolleg in Münster widmet sich Prof. Eva Schlotheuber ihrem aktuellen Forschungsprojekt zum mittelalterlichen Recht und zur Goldenen Bulle von 1356.

Ziel des Forschungsvorhabens ist es, die Relevanz des Entstehungskontextes der Goldenen Bulle, die Legitimierung rechtlicher Normierung durch Karl IV. als politisches Instrument, sowie die rechtliche und politische Wirkung der ersten schriftlichen Verfassung des römischen-deutschen Reichs zu analysieren und in europäischer Perspektive einzuordnen. Die Ausgangshypothese ist, dass die Verschriftlichung von Verfassungen in der Vormoderne das Ergebnis von tiefgreifenden Konflikten und einer damit verbundenen Lösungs- bzw. Kompromisssuche ist. Sie können deshalb ohne die Kenntnis der damit verbundenen Machtauseinandersetzungen und grundsätzlichen Konfliktlinien auch in ihren Wirkungen nicht verstanden werden. Die weit verbreitete Annahme, dass die Goldene Bulle 1356 mehr oder weniger „nur“ bereits eingeführtes Gewohnheitsrecht verschriftlicht hat oder als ‚europäisches Unikum‘ das Reich von zukunftsweisenden Entwicklungen ausschloss, greift deshalb in jedem Fall zu kurz. Die Goldene Bulle war nicht zuletzt das Ergebnis komplexer Aushandlungsprozesse zwischen der römischen Kurie und Kaiser Karl IV. Da der hegemoniale Charakter der Kaiser- und der Papstwürde das römisch-deutsche Reich und Italien als gemeinsame Machtsphäre untrennbar miteinander verband, betrafen die mit diesen Aushandlungsprozessen verbundene Neuordnung der Verhältnisse sowohl Italien als auch das Reich. Sie schlugen sich deshalb auch in zwei großen Verfassungsentwürfen nieder, nämlich in der Goldenen Bulle von 1356 als erster Verfassung für das Reich und in den Constitutiones Aegidianae 1357 für den Kirchenstaat, denen beiden eine eindrucksvolle Geltungsdauer von über 650 Jahren beschieden war.

 

Verantwortlichkeit: