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Forschung

Laufende Qualifikationsarbeiten

Habilitationsprojekte

Dr. Roland Färber

Habilitationsprojekt

Reichsbildungen und Verfassungsformen, Religions- und Kulturentwicklungen, Wirtschaft und Verwaltung sind für die Epoche des Hellenismus (ca. 336–30 v. Chr.) in langer Tradition mannigfach erforscht worden. Was bislang aber weitgehend ausgeblieben ist, ist eine Verbindung all dieser lebensweltlichen Bereiche mit dem sie fundamental bestimmenden und strukturierenden Prinzip, der Zeit. Meine Habilitationsschrift will diese Verbindung erstmals in umfassender Weise herstellen. Indem sie nach nach dem Funktionieren griechischer Polisgesellschaften unter zeitlichem Aspekt fragt, nimmt sie eine Position zwischen den etablierten Forschungsgebieten ein, der Geschichte der hellenistischen Polis einerseits und der antiken Chronologie andererseits.

Konkret geht es um die soziale Organisation polisinterner und polisübergreifender Zeit, um die damals geläufigen Auffassungen von Zeitlichkeit und um die verwendeten Codes und Zeitbegriffe, die der Koordination gemeinschaftlicher oder überregionaler Aktivitäten zugrunde lagen. Auf diesem Gebiet hat der Hellenismus aufschlussreiche Dynamiken vorzuweisen: So etwa den Einzug der Stunde für die Unterteilung des Tageslaufs ab dem 4. Jahrhundert und, eng damit zusammenhängend, die Verbreitung von Sonnen- und Wasseruhren. Aufkommende imperiale Zeitordnungen wie der makedonische Kalender in den Diadochenreichen oder der römische Kalender im Zuge der Provinzialisierung des Ostens schlugen sich auf die lokalen Praktiken nieder. Der regionale Fokus des Vorhabens liegt auf den Städten im griechischen Mutterland und im westlichen Kleinasien.

Dissertationsprojekte

Stephan Baum

Dissertationsprojekt 

Das Projekt befasst sich mit dem fragmentarisch überlieferten Geschichtswerk des Eunapios von Sardes, der sogenannten Ἱστορία ἡ μετὰ Δέξιππον. Anschließend an die Chronik von Dexipp, verfasste der spätantike Philosoph um 414 n. Chr. seine Historien, die vom Tod des Claudius Gothicus bis in die Regierungszeit der Kaiser Honorius und Arcadius reichen (also ca. 270 bis 404 n. Chr.).

Da Eunapios der kurzen Regierungszeit von Kaiser Julian (360 bis 363 n. Chr.) innerhalb seiner Historien ein eigenes Buch widmet und ihn in den vorhandenen Proömien zweier Bücher als herausragende Persönlichkeit des vierten Jahrhunderts vorstellt, kann davon ausgegangen werden, dass der als Ἀποστάτης in die Geschichte eingegangene Kaiser eine zentrale Rolle in den Historien einnimmt. Selbst ein Anhänger der althergebrachten Religion, lässt sich Eunapios in der Reihe der spätantiken, paganen Geschichtsschreiber wie Ammianus Marcellinus oder Eutropius verorten, die den Vorrang Julians gegenüber der konstantinischen Dynastie innerhalb ihrer Werke ebenfalls unterstreichen. Im Gegensatz zu den lateinischen Geschichtsschreibern dieser ‚paganen Reaktion‘ verfasste Eunapios seine Historien jedoch nicht nur auf Griechisch, sondern hatte – abgesehen von Selbstzeugnissen Julians oder kleineren Beiträgen wie dem verlorenen Memorandum des Magnus von Karrhai – auch keine unmittelbare griechischsprachige Vorlage für sein Geschichtswerk. Aufgrund dieser „Lacuna“ in der griechischen Historiographie ist es wahrscheinlich, dass Eunapios die lateinischen Annales des Nicomachus Flavianus oder in dessen Nachfolge die von François Paschoud vorgeschlagene anonyme Historia adversus Christianos als Vorlage nutzte.

Von zentraler Bedeutung für Eunapios’ Historien ist auch der Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung, da – nur wenige Jahre zuvor – die Urbs aeterna von den Westgoten um Alarich zum ersten Mal seit über 800 Jahren geplündert worden war und sich die (stadt)römische Öffentlichkeit seitdem auf die Suche nach den Ursachen für den Fall Roms begeben hatte. Eunapios fand die Gründe dafür in der Integration barbarischer Völkerschaften und in der zunehmenden Ohnmacht schwacher römischer Kaiser, die immer öfter unter der Vormundschaft eines christlich dekadenten Hofstaats standen. Auch wenn der pagane Philosoph das Christentum in seinen Historien nicht unmittelbar ablehnt, sondern ausschließlich die moralische Devianz seiner Akteure – unter denen sich nicht nur Christen befinden – bemängelt, wurde sein Beitrag in späterer Zeit als universelle Kritik am Christentum aufgefasst. Nicht anders ist zu erklären, dass es in Bezug auf die anonyme Historia adversus Christianos und Eunapios’ Historien in der Folgezeit wiederum zu christlichen Gegenreaktionen kam, sei es durch Geschichtswerke wie Orosius’ Historiae adversus Paganos, Augustinus’ Schrift De civitate Dei oder die orthodoxen Beiträge zur Kirchengeschichte von Sozomenos, Sokrates Scholastikos oder Theodoret, aber auch durch Philostorgios’ homöische Kirchengeschichte.

Das Ziel des Dissertationsvorhabens ist demnach die kritische Edition des Geschichtswerks inklusive einer ersten deutschsprachigen Übersetzung. Darüber hinaus soll ein ausführlicher Kommentar angefügt werden, der die Fragmente durch weiterführende Informationen in das historische und historiographische Umfeld von Eunapios’ Historien einordnet.

Niklas Fröhlich

Dissertationsprojekt 

Im Jahr 380/81 übersetzte der Kirchenvater Hieronymus die Weltchronik des Eusebius aus dem Griechischen ins Lateinische. Er beließ es jedoch nicht bei einer bloßen Übersetzung: Er veränderte die Form (z.B. durch Gebrauch von Farbigkeit), fügte zahlreiche Einträge hinzu und setzte die Chronik zuletzt bis in die eigene Zeit fort. Dieses Beispiel machte gewissermaßen Schule: Über die nächsten vier Jahrhunderte hinweg - die gesamte Spätantike hindurch bis weit ins frühe Mittelalter und auf Umwegen bis in die Moderne - ist das Werk des Eusebius/Hieronymus in lebendiger Tradition bearbeitet, fortgesetzt und in der Überlieferung mit anderen Teilen neu zusammengefügt worden.

Nachdem diese Chronistik wegen ihres vermeintlich subliterarischen Charakters lange Zeit von der Forschung vernachlässigt worden war, hat die Gattung in den letzten Jahrzehnten zunehmend Beachtung als entscheidende Quelle der „Transformationsepoche“ zwischen Antike und Mittelalter gefunden: Schließlich steht man hier vor ganz zentralen Quellen dieser Zeit und ihrer Chronologie. Im Schatten der größeren „Werke“ (Hydatius, Prosper etc.) sind die zahlreichen kleineren, meist anonymen Bearbeitungen, Annotationen, Kontinuationen und Epitomen dabei bislang wenig beachtet worden. Gerade an ihnen zeigt sich jedoch ganz konkret die weit verbreitete und nicht auf einige größere „Werke“ beschränkte Praxis des lebendigen Gebrauchs der Gattung, der sich regelrecht in jedem handschriftlichen Exemplar als  jeweils einzigartiger Chronik manifestiert.

Ziel der Arbeit ist es, gewissermaßen eine doppelte Geschichte zu schreiben: Einerseits die Kulturgeschichte spätantiker Chronistik nicht als monographischer Praxis, sondern als Praxis von bearbeitender Aneignung, Kürzung, Fortsetzung und Kompilation. Andererseits stößt dies an gewisse Grenzen üblicher Praxis und selbstverständlicher Forschungskategorien. Es ist also zugleich die Geschichte der philologischen Erschließung und Edition dieser Chroniken als kritische Problemgeschichte zu schreiben. Wie lassen sich derart bewegliche, fluide Texte abseits einer Literaturgeschichte als reiner Autorengeschichte in ihrem Sitz im Leben verorten, als historische Quelle gebrauchen und editorisch aufbereiten?

Hans Michael Schellenberg

Dissertationsprojekt

In der Forschung existiert seit mindestens 170 Jahren ein Textkorpus, deren Autoren üblicherweise in der Forschung als Militärschriftsteller bezeichnet werden. Gegenstand dieses Korpus sind Werke – in griechischer und lateinischer Sprache aus der gesamten Antike – die Anweisungen zur Kriegsführung allgemein oder deren Teilbereichen geben. Eine Begründung für die Existenz dieses Korpus und der Zuordnung einzelner Werke zu ihm durch die Forschung, war und ist gegenwärtig nicht vorhanden. Gleichermaßen fehlt zur Überprüfung der Zugehörigkeit der einzelnen Autoren zu ihm, eine gesicherte Sammlung der noch vorhandenen Testimonien der vollständig erhaltenen Werke und der Testimonien und Fragmente der unvollständig erhaltenen Werke.

Ziel dieser Arbeit ist: Die Erstellung eines Katalogs aller Testimonien und Fragmente der erhaltenen  antiken Militärschriftsteller und anhand des gewonnenen Katalogs, die Erarbeitung eines Minimalvorschlags für eine mögliche zukünftige Ausgestaltung beziehungsweise Aufspaltung oder auch Auflösung dieses Textkorpus.

Felix Wunder

Dissertationsprojekt

Das Projekt verfolgt das Ziel, die kommunikative Funktionalität von Akten kaiserlicher Freigiebigkeit in der Zeit von Septimius Severus bis Diocletian (193–305 n. Chr.) zu ergründen. Damit wird die entscheidende Transformationsphase des römischen Imperiums zwischen Prinzipat und Spätantike in den Blick genommen, die durch enorme innen- und außenpolitische Herausforderungen gekennzeichnet ist. Die Analyse ritualisierter Inszenierungen kaiserlicher liberalitas beleuchtet die Bestrebungen der Kaiser, durch die Schaffung von Bindungsverhältnissen politische Stabilität zu gewährleisten und bietet somit einen methodischen Zugang zur Rekonstruktion von loyalitätsstiftenden, herrschaftsstabilisierenden und -legitimierenden Strategien. Speziell die Münz- und Medaillonprägung ist mit ihrer konkurrenzlos dichten Überlieferung gerade angesichts der lückenhaften literarischen Quellenlage prädestiniert für eine systematische und methodisch stringente Auswertung der greifbaren liberalitas-Inszenierungen. Münzen und Medaillons waren zudem unmittelbar in die entsprechenden Akte eingebunden und fungierten hierbei einerseits als Zahlungsmittel und anderseits als Medium der Herrschaftsrepräsentation. Als empirische Grundlage des Projekts soll deshalb ein maßgeblich vom numismatischen Material ausgehender Katalog der Inszenierungen kaiserlicher liberalitas erstellt werden, der eine serielle Detailanalyse des Phänomens ermöglicht.

Verantwortlichkeit: