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Nachruf auf Prof. Dr. Dr. h.c. Detlef Brandes

   

Das Institut für Geschichtswissenschaften der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf trauert um Prof. Dr. Dr. h.c. Detlef Brandes, der von 1991 bis 2008 als Professor für Kultur und Geschichte der Deutschen im östlichen Europa das gleichnamige das Institut an der Heinrich-Heine-Universität leitete. Er verstarb am 2. September 2025 in Berlin.

Detlef Brandes, geboren am 1. Mai 1941 in Berlin, studierte von 1960 bis 1967 u.a. Geschichte und Slawistik in München. Seine Dissertation bei Georg Stadtmüller, die 1969 unter dem Titel „Die Tschechen unter deutschem Protektorat. Teil I: Besatzungspolitik, Kollaboration und Widerstand im Protektorat Böhmen und Mähren bis Heydrichs Tod (1939–1942)“ erschien, war die erste deutschsprachige Arbeit, die auf tschechischen Archivquellen aufbaute und wurde – wie auch der zweite Teil: „Besatzungspolitik, Kollaboration und Widerstand im Protektorat, Böhmen und Mähren von Heydrichs Tod bis zum Prager Aufstand (1942-1945)”, erschienen 1975 – zu einem Standardwerk. Eine Übersicht seiner zahlreichen Veröffentlichungen findet sich hier

Nach Tätigkeiten am Collegium Carolinum in München und am Osteuropa-Institut der Freien Universität Berlin habilitierte er sich 1984 mit einer Arbeit zum Thema „Großbritannien und seine osteuropäischen Alliierten 1939–1943. Die Regierungen Polens, der Tschechoslowakei und Jugoslawiens im Londoner Exil vom Kriegsausbruch bis zur Konferenz von Teheran“. In der Folgezeit wirkte er u.a. als Gastprofessor in Sapporo, New York, Stanford und Florenz sowie als Wissenschaftler am Bundesinstitut für ostdeutsche Kultur und Geschichte in Oldenburg. In dieser Zeit ist die Monographie „Von den Zaren adoptiert: Die deutschen Kolonisten und die Balkansiedler in Neurußland und Bessarabien 1751-1914“ entstanden, ein grundlegendes Werk zur Geschichte der Russlanddeutschen, die neben den deutsch-tschechischen Beziehungen und der Geschichte der Vertreibungen und Zwangsumsiedlungen im östlichen Europa in den Mittelpunkt seines Forschungsinteresses rückten.

1991 wurde Detlef Brandes als Professor an das neu gegründete Institut für Kultur und Geschichte der Deutschen im östlichen Europa der Heinrich-Heine-Universität berufen, welches er bis zu seiner Emeritierung im Jahre 2008 leitete. In dieser Zeit war er entscheidend am Aufbau eines vom DAAD geförderten Deutschsprachigen Studiengangs in Prag beteiligt, aus dem sich eine enge Kooperation des Düsseldorfer Instituts für Geschichtswissenschaften mit dem Institut für Internationale Studien an der Karls-Universität Prag entwickelte. Im Rahmen dieses Austauschprogramms sind zahlreiche Studierende und Wissenschaftler:innen aus Prag nach Düsseldorf und aus Düsseldorf nach Prag gekommen und haben zu einer fruchtbaren Zusammenarbeit der beiden Institute auf fachlicher, aber auch auf persönlicher Ebene beigetragen. Diese fand auch Ausdruck in der offiziellen Partnerschaft zwischen der Heinrich-Heine-Universität und der Karls-Universität, an deren Zustandekommen Detlef Brandes maßgeblich mitgewirkt hat. Zudem war er Gründungsmitglied der gemeinsamen Tschechisch-Deutschen und Slowakisch-Deutschen Historikerkommission. Für seine Verdienste um die deutsch-tschechischen Beziehungen verlieh die Karls-Universität Prag ihm 2001 die Ehrendoktorwürde. Zwei Jahre später ehrte die Akademie der Wissenschaften der Tschechischen Republik ihn mit der František-Palacký-Medaille. Den Nachruf der Kolleg:innen der Karls-Universität finden Sie hier

Der Deutschsprachige Studiengang in Prag, der von seinen Nachfolgerinnen bis heute erfolgreich weitergeführt wird, feierte sein 30-jähriges Jubiläum am 1. Oktober 2024 in Prag. Detlef Brandes selbst konnte an der Feier aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr teilnehmen. Aber der lebhafte Austausch zwischen Prag und Düsseldorf bleibt sein Vermächtnis. Diejenigen, die ihn im wissenschaftlichen Austausch kennenlernen oder ihn in seinen Seminaren mit der unverzichtbaren Zigarettenpause erleben durften, mögen darin ein wenig Trost für den großen Verlust finden, den sein Tod bedeutet.

Thorsten Pomian

Institut für Geschichtswissenschaften, Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf